EZ-Chefredakteur Gerd Schneider. Foto: Bulgrin - Bulgrin

EZ-Chefredakteur über den türkischen Präsidenten Erdogan

EsslingenWer dachte, der türkische Präsident käme angesichts des galoppierenden Lira-Verfalls irgendwann zur Vernunft, hat sich getäuscht. Ohne Rücksicht auf die Folgen für die Wirtschaft seines Landes fährt Erdogan fort mit der Gleichschaltung der Machtzentren. Er machte einen Mann zum Finanzminister, dessen einzige Qualifikation darin besteht, dass er sein Schwiegersohn ist. Er schaffte die Unabhängigkeit der Zentralbank ab. Und noch immer hat er nicht genug. Gestern wurde bekannt, das er die komplette Führung des Staatsfonds abgesetzt hat. Erdogan, wer sonst, gebietet jetzt über die Besitztümer des Fonds, in dem die staatlichen Unternehmen wie Post, Bahn und Börse gebündelt sind. 200 Milliarden Euro ist der Staatsschatz wert. Albayrak, sein Schwiegersohn, wird künftig im Verwaltungsrat des Fonds sitzen.

Langsam muss man sich fragen, ob Erdogan noch bei Verstand ist. Offenbar lässt ihn sein Größenwahn glauben, er könne auch über die Märkte gebieten. Doch hier endet die Macht von Diktatoren. Der Markt tanzt eben nicht nach ihrer Pfeife. In Wirklichkeit zerstört Erdogan das Wirtschaftssystem der Türkei. Investoren haben ihr Vertrauen in das Land vollends verloren, sie ziehen sich zurück. Was passiert, wenn Staatslenker den Großen Zampano an der Notenpresse spielen, konnte man in Ländern wie Simbabwe oder Venezuela sehen. Auch die Türkei mit ihren 80 Millionen Einwohnern steuert auf den Abgrund zu. Schon jetzt ist die Lage so gut wie ausweglos. Erdogan aber setzt seinen fatalen Kurs unbeirrt und unbelehrbar fort – bis zum bitteren Ende.