Von Wilfried Sprenger

Heute werden die Mitglieder des FC Bayern München ihren Patron Uli Hoeneß wieder ins Amt des Präsidenten wählen. Die Zustimmungswerte dürften jenseits von 90 Prozent liegen. Das schafft nicht einmal ein Politiker im schwärzesten CSU-Revier. Hoeneß hat nie ein politisches Mandat angestrebt. Derzeit dürfte er es auch gar nicht: Als verurteiltem Straftäter steht ihm dieses Recht erst nach Ablauf einer gesetzlich festgelegten Frist zu. Im „Fall Hoeneß“ läuft da noch einige Zeit Sand durch die Uhr.

Ganz streng genommen, könnte Hoeneß dem jährlichen Familientreffen der Roten gar nicht beiwohnen. Ursprünglich war seine Zelle im Gefängnis in Landsberg am Lech bis Januar 2018 gebucht. Tatsächlich musste der 64-Jährige nur die Hälfte der Strafe verbüßen. Das ist durchaus ungewöhnlich in der bayerischen Justiz und wohl „besonderen Umständen“ geschuldet: Hoeneß war Ersttäter, er hat seine Schulden beglichen und sich während des Arrests gut geführt. Seine Sozialprognose ist positiv, die Rückfallwahrscheinlichkeit gering. Ein Muster-Häftling - wenn man so will.

In der Justizvollzugsanstalt war Hoeneß ein Promi, beim FC Bayern ist er ein Star. Auf der Versammlung 2013, als die Staatsanwaltschaft bereits gegen ihn ermittelte, hat er den Mitgliedern zugerufen, dass er wiederkäme, wenn sie ihn denn wollten (was nie infrage stand), und dass er dem Verein bis zum letzten Atemzug dienen würde. So wird es nun kommen, bereits seit einigen Wochen soll Hoeneß an der Rede feilen, die er heute Abend im Audi Dome hält.

Das wird eine sehr emotionale Nacht. Bei Freibier wird sich niemand Gedanken über Moral, Verantwortung und Wertmaßstäbe machen. Garantiert steht keiner auf und fragt, ob einer, der mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern hinterzogen hat, einen Verein, in diesem Fall sogar eine Aktiengesellschaft mit einem Jahresumsatz von mehr als einer halben Milliarde Euro, führen darf. Juristisch spricht nichts dagegen, trotzdem wäre ein Mann mit dieser Vita in den Unternehmen der Bayern-AG-Anteilseigner Adidas, Audi und Allianz eine persona non grata. Auffällig unauffällig haben sich deren Bosse in den vergangenen drei Jahren verhalten und wie Vettern stillschweigend das Comeback des Bayern-Königs ermöglicht.