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Chefredakteur Gerd Schneider über Fahrtauglichkeit von Senioren

EsslingenEs ist ein medialer Reflex: Wo immer ein schwerer oder skurriler Unfall passiert, der – wie jetzt in Tübingen – von einem betagten Autofahrer verursacht wurde, flammt die Debatte über die Notwendigkeit von Eignungstests für Ältere auf. Dabei ist vor allem die Debatte selbst bizarr. Denn zu den Problemen, die es im deutschen Verkehr gibt, gehört das Thema „Senioren am Steuer“ ganz sicher nicht. Es ist statistisch belegt, dass Ältere (über 65) sehr sichere Fahrer sind. Ihr Risiko, in einen Unfall verwickelt zu werden, liegt bei unter 60 Prozent des Durchschnitts der Gesamtbevölkerung. Forderungen, die Verkehrstauglichkeit von Senioren in einer Fahrprüfung nachzuweisen, sind also Unfug. Die Einführung einer solchen Pflicht wäre ein unangemessener Eingriff in die persönliche Freiheit. Außerdem ist das deutsche Führerscheinsystem ohnehin völlig überfrachtet, und aberwitzig teuer dazu. Da mag man sich gar nicht ausmalen, zu welcher Ausgeburt ein „Senioren-Führerschein“ samt Fahrprüfung geriete.

Das bedeutet aber nicht, dass ein regelmäßiger Gesundheits-Check von einem bestimmten Alter an – sagen wir: 70 – nicht sinnvoll wäre. Viele andere Länder schreiben Führerschein-Inhabern solche Pflicht-Tests beim Arzt vor. Wenn garantiert ist, dass das Ergebnis vertraulich bleibt und nur empfehlenden Charakter hat, würde die Zustimmung im Land sicher wachsen.

Wobei das alles unter Vorbehalt zu sehen ist. Wenn sich das das autonome Fahren wie erwartet rasch durchsetzt, wäre manches überholt – gewiss auch die Debatte über die Fahrtauglichkeit älterer Menschen.