„Die Krüge hoch“ gibt es jetzt auch auf Englisch. Quelle: Unbekannt

Bad Cannstatt (ede) - Ein Blick hinter die Bierzeltkultur hört sich vielversprechend an. Das berühmte Nähkästchen öffnen und Geschichten preisgeben - Wadl Symen hat seine Erlebnisse und Erfahrungen aus 20 Jahren Profikellner in Bierzelten aufgeschrieben. Auch auf dem Frühlingsfest und Volksfest war er im Einsatz. Sein Werk „Die Krüge hoch“ gibt es bereits in dritter Auflage und wurde im September auch auf dem Oktoberfest in New York vorgestellt. „Raise your beer, mugs!“ heißt es da.

Sein Erstlingswerk sieht Wadl Symen zum einen als Leitfaden und Ratgeber für seine Berufsgruppe, zum anderen bietet er interessierten Festgängern Einblicke in die Festzeltwelt. „Es wäre schön, wenn den Kellnerinnen und Kellnern mehr Wertschätzung entgegengebracht werden würde.“ Denn Wadl-Symen alias Simon Traub listet den Tagesablauf eines Kellners im Bierzelt auf, beschreibt die Aufgaben und körperlichen Anstrengungen, die das Personal in einem vollen Bierzelt zu bewältigen hat und wie sich ein Gast in einem Festzelt zu benehmen hat. „Kellner und Kellnerinnen gehen einer verantwortungsbewussten, belastenden, harten Arbeit nach“, sagt der Profi. „Viele Außenstehende wissen das nicht zu schätzen und sehen in uns Kellnern lediglich jene, die nichts Besseres gelernt haben. Dennoch erwartet man als Gast eine Bedienung, auf die man sich aber stets verlassen kann.“

Die zunehmende Anzahl von Speisen und Getränken wirkt sich aus. „Für die Kellner bedeutet dies mehr Konzentration, mehr Gedächtnis- und auch mehr Laufarbeit.“ Die Logistik in einer Küche in einem Festzelt ist gigantisch. „In den Stoßzeiten muss jeder Handgriff sitzen. Das läuft wie am Band in einer Fabrik.“ Das Schleppen der Maßkrüge oder eines vollen Tabletts, genannt Schlitten - 15 Hähnchen auf Tellern wiegen samt Schlitten 25 bis 30 Kilogramm - geht aufs Kreuz. „Ganz wichtig ist das aufrechte Tragen. Sonst merkt man es schnell im Rücken.“

Menschenkenntnis und eine gute Beobachtungsgabe sollte man als Kellner unbedingt mitbringen, ist Wadl Symen überzeugt. „Nur wer sein Gegenüber schnell einschätzen und auf ihn eingehen kann, wird als Kellner gut bei den Gästen ankommen.“ Was Personal und Gäste zufriedenstellt, ist Freundlichkeit. „Freundlich sein, lächeln, ein ‘Bitte‘ und ‘Danke“ oder ‘Lasst‘s Euch schmecken‘ bringen Trinkgeld“, weiß der Experte. „Jedes Lächeln kommt zurück, sei es in Form von Trinkgeld oder eben einem Lächeln des Gastes.“ Und Schnelligkeit. Wird der Gast zügig bedient, ist er eher bereit, sich erkenntlich zu zeigen. Guter Umsatz werde von vielen Faktoren beeinflusst - wie Wetter, Gäste und Musik.

Wichtig für Menschen, die im Festzelt arbeiten: ein dickes Fell zu haben. Mit dummen Sprüchen, Handgreiflichkeiten, Betatschen - vor allem der weiblichen Kellner - muss man umgehen können. „Weitgehend ignorieren, mit einem lustigen Spruch kontern, bei hartnäckigen Gästen das Sicherheitspersonal informieren. Man muss sich nicht alles gefallen lassen.“ Ein guter Kellner versteht die Gäste auch durch Mimik und Gestik. „Gerade, wenn die Musik laut ist, funktioniert das wunderbar.“ Der Wadl Symen liebt seinen Beruf. „Nach dem Winter zieht es mich wieder ins Festzelt.“ Er brauche den Bierzeltkick. Neun Jahre lang hat er auf dem Cannstatter Wasen gearbeitet. Die Schwaben gelten zwar als etwas geiziger, „aber auf einem so großen Volksfest sind Menschen aus aller Welt vertreten, da trifft die pauschale Aussage nicht zu.“

Wadl Symen: „Die Krüge hoch! - Hinter den Kulissen der Bierzeltkultur“. Selbstverlag, Neumarkt. ISBN 978-3-00-052548-3. 14,95 Euro