Vier Wochen lang ist das Cannstatter Volksfest der Arbeitsplatz von Sevtap Kajic. Die Zustellerin sorgt dafür, dass Schausteller und Festwirte ihre Post bekommen. Fotos: Rehberger Quelle: Unbekannt

Von Edgar Rehberger

Bad Cannstatt - Die Begrüßung ist überschwänglich. „Da kommt die treue Seele des Volksfestes“, sagt Schaustellerin Ursula Heitmann, als ihr Sevtap Kajic die Post bringt. Im Lauf der Jahre ist der Kontakt enger geworden. „Das sind ganz wunderbare Menschen“, schwärmt die Zustellerin.

An sechs Tagen die Woche ist die 42-Jährige auf dem Festgelände unterwegs, seit einigen Jahren schon. „Nach einer Knie-Operation fragte mein Chef, ob ich nicht auf dem Wasen wieder anfangen wolle.“ Da musste die Mutter zweier Mädchen nicht lange überlegen. „Ich mag das Frühlings- und Volksfest.“ Sie wohnt ganz in der Nähe und geht auch privat gerne auf den Wasen. Bereut hat sie es noch keine Sekunde. Während des Volksfestes - sie stellt Post von Montag vor Festbeginn bis eine Woche nach Veranstaltungsende zu - wird ihr eigentlicher Zustellbezirk in Bad Cannstatt von Kollegen übernommen. „Es macht mir sehr großen Spaß hier.“ Die Abwechslung nimmt sie gerne wahr. Zumal sie viel mehr Kontakt zu den Kunden hat. „Ich liebe Menschen.“

Das merkt man schnell. Da gibt es schon mal Umarmungen zur Begrüßung, ein Streicheln für den Hund und Fragen zum persönlichen Befinden. Denn Sevtap Kajic, die seit mehr als 20 Jahren bei der Deutschen Post arbeitet, dort auch eine Ausbildung absolviert hat, greift ein, wenn es sein muss. Einmal kam sie zu einem Kunden, als gerade der Chef von einem Gerüst gefallen war, benommen und blutend auf dem Boden lag. Bis der Krankenwagen kommt, dauert es noch, dachte sie sich, packte den Mann in ihren Wagen und fuhr ihn ins Krankenhaus. Die Postzustellung musste warten.

Morgens holt sie ihre Ware mit dem Auto in Fellbach ab, je nach Stau ist sie zwischen 9.30 und 10 Uhr auf dem Wasen. Nach etwa drei Stunden ist ihre Runde zu Ende. Es dauert meist nicht lange, dann weiß sie, wo die einzelnen Schausteller, die immer wieder den Standplatz wechseln müssen, stehen. Montags ist ihr Gepäck leichter, an den anderen Tagen muss sie zum Teil mehrfach ans Auto und die Umhängetasche füllen. „Samstags ist schlimm. Da stehen schon um 9 Uhr Besucher vor den Zelten Schlange, ist der Platz schon früh gefüllt.“

Die Schauteller melden frühzeitig per Nachsendeantrag ihre Festplätze für das Jahr. „Das klappt meist reibungslos“, sagt Fritz Goppelt, der einen Imbiss betreibt. Er lässt sich die Zeitung vom Heimatort schicken. Das machen nicht wenige. Sie wollen wissen, was sich zuhause tut, sind sie doch die meiste Zeit im Jahr unterwegs.

Trifft sie die Beschicker nicht am Stand oder Fahrgeschäft an, geht sie hinter die Kulissen und schaut an den Wohnwägen. Bei manchen Kunden kann sie die Post auch dem Nachbar geben. Stammkunden wie Happy Sailor, Schießbude Wittmer die Festzelte oder Hot Shot - „der hat einen eigenen Briefkasten“ - bekommen täglich Post. Da kennt man sich natürlich inzwischen gut. Nach der Zustellung geht es nach Fellbach, die zugestellten Einschreiben regeln.