Was sagen Sie zu Martin Schulz als Kanzler? Foto: Bulgrin

Von Dagmar Weinberg

Zu spontanen Aktionen lassen sich Rechtsanwälte eher selten hinreißen. Geht es in ihrem Job doch zuvörderst darum, die Dinge genau abzuwägen. Nachdem Sven Kobbelt vor vier Jahren aber in Bayreuth einer Rede von Christian Lindner, damals noch stellvertretender FDP-Bundesvorsitzender, gelauscht hatte, „bin ich spontan in die FDP eingetreten“, erzählt der 31-jährige. „Denn liberal gedacht habe ich schon immer.“ Lindner habe ihm das Versprechen abgenommen, „dass ich dann auch in der Partei Verantwortung übernehme“. Und das löst der Wahl-Esslinger mit seiner Bundestagskandidatur jetzt ein. Da es Christian Lindner gelungen sei, die nach der Bundestagswahl 2013 am Boden liegende FDP „in eine ganz neue Partei zu transformieren, war mir schnell klar, dass ich meinen Hut in den Ring werfen werde.“

Dass er kaum Chancen haben wird, im Wahlkreis Esslingen das Direktmandat zu holen, ist dem politischen Newcomer klar. „Ich möchte nicht mich in den Vordergrund stellen, sondern die neue FDP präsentieren und für die Partei Stimmen sammeln.“ Podiumsdiskussionen mag Sven Kobbelt als Forum besonders gerne, „weil man da individuell auftreten und die Ideen der Partei vermitteln kann“. Zudem wird er dort mitunter mit Themen konfrontiert, „die im Alltag oft an einem vorbeirauschen“.

Kernbotschaft des Grundgesetzes

Die Zeiten, in denen die FDP als Lobby- und Steuersenkungspartei von sich reden machte, sind aus Sicht des Esslinger Rechtsanwalts „dank Christian Lindner definitiv vorbei“. Heute gehe es um die Rückbesinnung auf liberale Grundwerte. Dazu gehört für den Kandidaten nicht nur „ein einfacher und unkomplizierter Staat, in dem das Individuum für sich selbst Verantwortung übernimmt und sich frei entfalten kann“. Ganz wichtig sind ihm die bürgerlichen Grundrechte und der Schutz des Einzelnen, auch gegenüber dem Staat. „Das ist schließlich die Kernbotschaft unseres Grundgesetzes“, verdeutlicht der Jurist. Es sei an der Zeit, den Bürgern wieder deutlich zu machen, „dass man sich auch gegen den Staat wehren darf“. Diese Botschaft möchte er vor allem den jungen Wählerinnen und Wählern vermitteln. „Eine der Kernaufgaben unseres Staates ist es, die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Aber der Staat darf uns nicht alle zu kleinen Terroristen machen“, unterstreicht Sven Kobbelt.

Der Kandidat der Freien Demokraten bestreitet seinen Wahlkampf natürlich nicht nur mit Podiumsdiskussionen. Er hört sich auch vor Ort um - sei es, dass er die Esslinger Beschäftigungsinitiative (EBI) besucht, mit einem Vertreter der Kassenärztlichen Vereinigung über die Bürgerversicherung diskutiert oder, wie an diesem Nachmittag, gemeinsam mit der FDP-Vize-Bundesvorsitzenden Katja Suding bei der Kreishandwerkerschaft Esslingen-Nürtingen vorbeischaut. „Für mich ist der Gedankenaustausch wichtig. Denn bei diesen Gesprächen lerne ich viel und bekomme viele wichtige Impulse“, sagt Sven Kobbelt.

Wie es mit den Betriebsgründungen läuft, ist im Gespräch mit Vertretern der Kreishandwerkerschaft ebenso Thema wie der Mindestlohn und der Fachkräftemangel. Die Höhe des Mindestlohns bereite den Betrieben in der wirtschaftsstarken Region Stuttgart wenig Probleme, erfahren die beiden FDP-Politiker von den Handwerksvertretern. Doch die Dokumentationspflicht sei manchmal lästig. Geeignete Auszubildende zu finden, werde hingegen immer schwieriger. Da es inzwischen mehr als die Hälfte der Schulabgänger an die Unis und Hochschulen ziehe, werde der „Azubi-Kuchen“ immer kleiner. Und viele Bewerber brächten kaum noch die Grundqualifikationen mit. Zudem werden die Anforderungen im Handwerk immer komplexer.

Bund soll die Schulen fördern

„Bildung ist das allerwichtigste in unserem Land“, sagt Sven Kobbelt. „In einem freien Staat ist sie der Schlüssel zu Gerechtigkeit und Wohlstand.“ Zwar liegt es dem Freien Demokraten fern, am föderalen System zu rütteln. Damit Schülerinnen und Schüler aber überall die gleichen Chancen haben, müssten die Schulen zentral vom Bund gefördert werden. „Nur wenn alle Schulen die gleiche Ausstattung haben und das Niveau somit vergleichbar ist, haben auch alle die gleiche Chance“, unterstreicht der Jurist, der während seines Studiums in Bayreuth Studiengebühren berappen musste. Da er erlebt hat, „dass sich die Bedingungen an der Uni dadurch deutlich verbessert haben“, plädiert er dafür, dass das Studium nicht kostenlos ist. Dabei denkt er jedoch an ein System der nachgelagerten Studiengebühren. „Nur wenn ich nach meinem Studium einen guten Job habe und ein hohes Einkommen erziele, zahle ich die Gebühren zurück.“ Dieses System hält er vor allem all jenen gegenüber für gerecht, „die eine Ausbildung machen und mich während des Studiums quersubventionieren“. Und wenn man erst als Berufstätiger zur Kasse gebeten werde, „wird auch niemand vom Studium ausgeschlossen, weil sich die Familie das nicht leisten kann“.

Im Rahmen der Serie Stippvisite begleitet die Redaktion die Kandidatinnen und Kandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linke und AfD während ihres Wahlkampfes und stellt die Bewerber für die Bundestagswahl am 24. September vor.

Persönliches

Geboren ist Sven Kobbelt im März 1986 in Essen, aufgewachsen ist er jedoch in der Nachbarstadt Mülheim an der Ruhr. Nach dem Abi hat er in Bayreuth Rechtswissenschaften studiert. Sein Referendariat hat er am OLG Stuttgart mit Stationen im Rechtsamt der Stadt Esslingen sowie am Esslinger Amtsgericht absolviert. Der Liebe wegen ist er nach Baden-Württemberg gekommen und seit 2013 „glücklicher Esslinger“.

Im gleichen Jahr ist er vor der Bundestagswahl in die FDP eingetreten. Seitdem gestaltet er die liberale Politik in Esslingen mit und ist inzwischen Mitglied im Vorstand des Ortsverbands Esslingen. Im vergangenen Jahr hat Sven Kobbelt seine Zulassung als Rechtsanwalt bekommen, seinen Schwerpunkt hat er im Erbrecht. Seit diesem Jahr ist er Inhaber der Kanzlei Saur & Kollegen. Der 31-Jährige ist verheiratet und Vater einer zweijährigen Tochter.