Mit Bäckermeister Wolfgang Treiber und seiner Tochter Katharina Fischer diskutiert Renata Alt (links) über Lebensmittelproduktion. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Den Himbeerkuchen beim Besuch in der Bäckerei Treiber lässt sich Renata Alt, FDP-Bundestagskandidatin im Wahlkreis Nürtingen, nicht entgehen. Ansonsten punktet die studierte Chemie-Ingenieurin im Gespräch mit Firmenchef Wolfgang Treiber und dessen Tochter Katharina Fischer in Steinenbronn mit Fachwissen. Eine der Maschinen, die in der Großbäckerei in Steinenbronn stehen, hat ihre einstige Firma in Bratislawa vermarktet - da leitete sie die Abteilung Europa Ost/West. Außerdem ist sie seit 1997 als wissenschaftliche Beraterin auch in der Lebensmittelchemie tätig.

Obwohl die gebürtige Slowakin, die 1992 als Diplomatin nach Deutschland kam, ihren leichten Akzent nicht verhehlt, fällt es ihr leicht, sich auf ihre Gegenüber einzulassen. Was kann die Politik tun, um Handwerksbetriebe im Kampf gegen den Fachkräftemangel zu unterstützen? Das fängt für die 1965 in Skalica in der heutigen Slowakei Geborene schon im Schulalter an. „Weltbeste Bildung für jeden“ steht deshalb in ihrem Positionspapier für die Bundestagswahl ganz weit vorn.

Das begrüßt Bäckermeister Treiber, der für sein Unternehmen Auszubildende mit guter Vorbildung braucht. Denn die Großbäckerei mit 32 Filialen, die aus einem kleinen Geschäft in Leinfelden-Echterdingen entstanden ist, arbeitet nicht nur mit hochwertigen Maschinen. Wer heute ins Bäckerhandwerk geht, muss absolut fit sein in Lebensmittelkunde. Um junge Menschen für den Beruf mit den anstrengenden Arbeitszeiten zu begeistern, bietet ihnen Treiber in Kooperation mit der Handwerkskammer die Chance zu Auslandsaufenthalten in England und Irland.

„Weltbeste Bildung für jeden“

Wie schwer es ist, gute Auszubildende zu finden, weiß Alt von ihrem Mann Thomas, der ein Friseurgeschäft betreibt. „Die müssen sehr gut in Mathe sein, hohe soziale Kompetenz mitbringen.“ Dafür legt aus ihrer Sicht schon das Schulsystem einen wichtigen Grundstein. Dafür kämpft die Unternehmensberaterin, die auf freier Basis im Bereich Außenhandel und Außenbeziehungen arbeitet, vehement. „Weltbeste Bildung für jeden“ ist eine ihrer Forderungen.

Auf internationalem Parkett bewegt sich Renata Alt seit 1991. Da trat sie ihre erste Stelle im Außenhandelsministerium in Prag in der Abteilung Europa und Europäische Union an. 1992 entsandte sie das Auswärtige Amt in Prag nach München. „In dieser pulsierenden Großstadt habe ich meinen Mann kennengelernt“, verrät die FDP-Politikerin, die erst seit 2009 der Partei angehört. Zwei Jahre lebte das Paar dort, dann zog es sie nach Kirchheim. Seit dem Jahr 2000 hat Alt auch die deutsche Staatsbürgerschaft. Das ist ihr wichtig, obwohl sie sich als Europäerin fühlt.

„Bei den Liberalen habe ich mich sofort zuhause gefühlt“, erinnert sich die schlanke blonde Frau. Denn was ein Leben ohne Meinungsfreiheit bedeutet, habe sie in der Jugend in der Tschechoslowakei erfahren. Schon die heutige Schülergeneration an diesen Teil europäischer Geschichte zu erinnern, ist ihr ein sehr wichtiges Anliegen. Schon damals lernte sie durch ihre diplomatische Tätigkeit Alt-Außenminister Klaus Kinkel kennen. „Eine Begegnung, die mich sehr geprägt hat“, schwärmt sie. Durch ihre langjährige Erfahrung in der internationalen Politik berief sie die Partei sofort in den Landesfachausschuss für Europa und Internationale Politik. Menschen aus unterschiedlichen Ländern in Ost- und Westeuropa zu vernetzen, sieht die Grenzgängerin zwischen den Kulturen als ihr großes Talent.

„Europa muss zu einem Kontinent der Chancen werden“, sagt die außenpolitische Expertin. Seit 2011 ist ihre Expertise auch im Bundesfachausschuss InternatioPnale Politik gefragt. Daher ist die Wahl-Kirchheimerin auch schon jetzt oft in Berlin zu Gast. Vom Wissen der Bundespolitiker profitiert Alt, die für die FDP auch im Gemeinderat ihrer neuen Heimatstadt sitzt, immens. „Viele kluge politische Köpfe“ habe sie in dieser Partei kennengelernt. Mit Wolfgang Gerhardt, dem ehemaligen FDP-Fraktionschef, trifft sie sich oft beim „Lieblingsitaliener“ in der Berliner Reinhardtstraße und tauscht sich über außenpolitische Themen aus. Die Flüchtlingsfrage sieht Alt als eines der zentralen Wahlkampfthemen. Sie ist für eine „gesteuerte und kontrollierte Zuwanderung“, die aus ihrer Sicht in einem Einwanderungsgesetz festgeschrieben werden sollte. Doch da blickt die Kandidatin über den eigenen Horizont hinaus, will Fluchtursachen bekämpfen. „Keine Waffenlieferungen in Krisengebiete“ steht daher auf ihrer politischen Agenda ganz oben.

Schon 2012 hat Renata Alt für den Deutschen Bundestags im Wahlkreis Nürtingen kandidiert, damals allerdings auf dem wenig aussichtsreichen Landeslistenplatz 19. 2017 ist die dynamische Politikerin, die seit 2014 auch Vizevorsitzende der Liberalen Frauen in Baden-Württemberg ist, auf Platz 7 vorgerückt.

Bei einem sehr guten Ergebnis für die FDP hätte sie da durchaus Chancen, in den Bundestag einzuziehen. „Wir sind froh, dass wir Christian Lindner als Zugpferd haben.“ Der Spitzenkandidat hat den Slogan „Denken wir neu“ ausgegeben. Gerade ein junges Publikum reiße er mit, sagt Renata Alt. Seine Energie und die „frischen Ideen“ stecken auch die Kandidatin und ihr „hoch motiviertes Wahlkampfteam“ an.

Slowakische Diplomatin findet in Deutschland ihre neue Heimat

Biografie: Die Chemie-Ingenieurin Renata Alt wurde 1965 in Skalica (Slowakei) geboren. Sie lebt seit dem Jahr 2000 in Deutschland und ist verheiratet. 1991 arbeitete sie im Außenhandelsministerium in Prag (Tschechien), war dort für Außenhandel und die EU zuständig. 1992 entsandte sie das Auswärtige Amt nach München, im selben Jahr war sie Wirtschaftsattaché im Generalkonsulat der Tschechoslowakischen Republik in München; ab 1993 in gleicher Funktion im Generalkonsulat der Slowakischen Republik in München. Seit 1994 bis heute arbeitet Renata Alt als Beraterin und Dolmetscherin im Bereich Außenhandel/Außenbeziehungen. Seit 1997 berät sie zudem in den Bereichen Gesundheit und Lebensmittelchemie.

Politisches Engagement: 2009 Eintritt in die FDP; seit 2009 Mitglied und seit 2014 stellvertretende Vorsitzende im FDP-Landesausschuss Europa-/Internationale Politik. Seit 2011 ist sie auch im FDP-Bundesfachausschuss Internationale Politik in Berlin vertreten. 2013 Nominierung als FDP-Kandidatin für die Europawahl 2014. Mitglied im Vorstand der FDP Kreis Esslingen; seit 2015 Mitglied im Landesvorstand der FDP Baden-Württemberg, Stadträtin in Kirchheim.

Serie: Im Rahmen der Serie „Stippvisite“ begleitet die Redaktion die Kandidatinnen und Kandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linke und AfD während ihres Wahlkampfes und stellt die Bewerber für die Bundestagswahl am 24. September vor.