Wie bekommen Sie alles, was Sie wollen? Foto: Kaier

Von Alexander Maier

Es gibt Politiker, die schon in jungen Jahren konsequent an ihrer Karriere basteln. Zu denen hat Regina Rapp nach eigenem Bekunden nie gehört. Trotzdem ist es konsequent, dass sich die 35-Jährige nun um das Bundestagsmandat im Wahlkreis Esslingen bemüht: „Mit vielem, was in der Politik gerade läuft oder auch nicht läuft, bin ich ziemlich unzufrieden.“ Andere würden die Faust in der Tasche ballen oder ihrem Unmut im Internet Luft machen, doch das passt nicht zu Regina Rapp: „Es reicht nicht, nur zu kritisieren. Man muss bereit sein, dabei mitzuwirken, dass die Dinge besser werden.“ Das will sie künftig auch im Deutschen Bundestag tun, und sie sieht in vielen Feldern Handlungsbedarf: Kinderbetreuung, Bildung, die finanzielle Entlastung für Familien, bezahlbarer Wohnraum, die konstruktive Gestaltung der Digitalisierung, die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen oder die Sicherung des Friedens. Überall dort liegt laut der Sozialdemokratin Potenzial, um unsere Welt ein bisschen besser zu machen. Und vieles von dem, was ihr am Herzen liegt, fasst sie unter einem gemeinsamen Motto zusammen: „Die Politik muss den Menschen wieder in den Mittelpunkt rücken. Wir brauchen eine gut funktionierende Wirtschaft, aber wir dürfen den Einzelnen darüber nicht vergessen. Und vor allem brauchen wir eine Vision davon, wie wir künftig in unserer Gesellschaft zusammenleben wollen.“

Politik nah bei den Menschen

Wer sich mit Regina Rapp unterhält, merkt rasch, dass sie nicht auf den Mund gefallen ist. Sie formuliert präzise, unterlegt ihre Positionen mit Daten und Fakten, und vor allem spürt man, dass sie Politik mit Herzblut machen will. Wenn Dinge aus dem Ruder laufen, kann sie sich echauffieren. Und wenn sie von etwas überzeugt ist, versucht sie, auch andere davon zu überzeugen. Sie scheut sich nicht vor großem Publikum - wie kürzlich beim Wahlkampfauftakt ihrer Partei mit Sigmar Gabriel in Kirchheim. Viel lieber sind ihr jedoch die vermeintlich „kleinen“ Wahlkampftermine: „Ich mag es, mit den Menschen, für die ich mich einsetzen möchte, den direkten Kontakt zu pflegen. Man kann nur dann gute Politik machen, wenn man ganz nah bei den Menschen ist, wenn man weiß, was sie bewegt, und wenn man ihnen zuhört. Politiker, die glauben, dass sie alles besser wüssten, konnten mich nie überzeugen. Die Leute haben ein feines Gespür dafür, ob sie einem Politiker wichtig sind oder ob er nur so tut.“

Deshalb war es Regina Rapp ein Anliegen, im Esslinger Mütterzentrum in der Martinstraße vorbeizuschauen und von der Sozialpädagogin Sybille Matthes-Bohn zu erfahren, was Mütter von der Politik erwarten. Seit mehr als 30 Jahren gibt es das MüZe, und was als private Initiative in einem ehemaligen Stadtteil-Blumenladen begonnen hatte, ist inzwischen eine stattliche Einrichtung geworden, die aus Esslingen nicht mehr wegzudenken ist. Mütter aus unterschiedlichen Kulturkreisen können sich dort treffen, es gibt Spielgruppen und eine weithin geschätzte Kita, eine Rechtsberatung in türkischer Sprache, pflegende Mütter der Gruppe „Rückenwind“ kommen im MüZe zusammen, und als die VHS unlängst einen niederschwelligen Sprachkurs für ausländische Frauen gestartet hat, übernahm das Mütterzentrum spontan die Kinderbetreuung. „Unsere Stärke ist das große ehrenamtliche Engagement, das hinter unserer ganzen Arbeit steht“, betont Sybille Matthes-Bohn.

Einrichtungen wie das MüZe sind für Regina Rapp nicht mit Gold aufzuwiegen - zumal einer ihrer Söhne die Kita in der Villa Pebra früher selbst besucht hat. Seither weiß die Kandidatin, dass dort der Anspruch gelebt wird, die Kinder „fast wie daheim“ zu betreuen. Das ist ihr wichtig: „Familien zu stärken heißt, vor Ort vor allem die qualitätsvolle ganztägige Kinderbetreuung in Kitas und Schulen weiter auszubauen. Die Kita-Gebühren für Familien mit geringem und normalem Einkommen müssen spürbar verringert werden. Bildung darf nichts kosten, und Bildung beginnt bei der Kita.“ Die 35-Jährige ist überzeugt, „dass die Zukunft in den Köpfen unserer Kinder anfängt“.

Schon deshalb setzt sie sich dafür ein, dass die öffentliche Hand mehr in Kinderbetreuung und Bildung und damit in die Zukunft investiert. Ihr Credo: „Die Grundlage für eine solidarische, zukunftsfähige Gesellschaft ist eine gute Bildung für alle, und zwar von Anfang an.“ Unter solchen Vorzeichen fände es Sybille Matthes-Bohn nicht schlecht, wenn mehr Frauen wie Regina Rapp im Bundestag vertreten wären: „Wer die Situation von Müttern in unserer Gesellschaft kennt, weiß, was besser werden muss.“

Es ist kein Zufall, dass Regina Rapp zur SPD kam: Gerechtigkeit ist ihr ein großes Anliegen. Die Verbesserung der finanziellen Situation von Familien, bezahlbarer Wohnraum, die Vermeidung von Kinder- und Altersarmut oder die Aufwertung bestimmter Berufe zählen nicht von ungefähr zu ihren Anliegen. „Es ist unsäglich, dass die Arbeit mit Menschen und für Menschen so wenig wert ist“, sagt Rapp. „Betreuung, Bildung und Pflege sind so wichtig, und sie verdienen viel mehr Wertschätzung.“ Überhaupt findet sie, dass sich Politik und Gesellschaft viel intensiver Gedanken machen müssten, wohin die Reise gehen soll: „Die Zeit des ‚Weiter so’ ist endgültig vorbei. Wenn wir auch weiter in Frieden und Wohlstand leben wollen, müssen wir viel intensiver als bisher darüber nachdenken, wohin wir uns in einer globalisierten und digitalisierten Welt entwickeln wollen.“

Demokratie verlangt Engagement

Wenn sich Regina Rapp politisch engagiert, tut sie das auch in dem Bewusstsein, Verantwortung für ihre Kinder und deren Generation zu übernehmen: „Sie sollen in einer gerechten, offenen und sicheren Gesellschaft aufwachsen dürfen. Ich will mich später von meinen Söhnen nicht fragen lassen, warum ich Entwicklungen, die nicht gut für unsere Welt, für unser Land und für viele Menschen sind, zugelassen habe, ohne mich einzumischen. Wir alle schätzen es, in einer Demokratie zu leben. Doch dafür muss sich jeder engagieren.“ Am liebsten will sie das künftig im Deutschen Bundestag tun. Dass Platz 33 auf der Landesliste ihrer Partei angesichts der aktuellen Umfragewerte für die SPD nicht zu allergrößten Hoffnungen Anlass gibt, nimmt die studierte Sozialwissenschaftlerin gelassen: „Ich will das Direktmandat im Wahlkreis Esslingen holen, dann fragt keiner nach meinem Listenplatz. Es wird Zeit für einen Generationenwechsel.“

Regina Rapp im Kurzporträt

Privates: Regina Rapp wurde 1982 geboren und ist in Hohenstaufen bei Göppingen aufgewachsen. Ihre Familie stammt aus dem Kreis Esslingen. Heute lebt sie mit ihrem Mann, ihren beiden Söhnen und einer Hündin am Rande der Esslinger Innenstadt. „Meine Freizeit verbringe ich am liebsten mit meiner Familie“, verrät die Kandidatin. „Wir sind viel in der Natur und kochen und backen gerne zusammen. Da mein Mann und ich eine Zeit lang in Südamerika lebten und hier aus der Region stammen, gibt es traditionell am Freitagabend südamerikanische Küche und am Samstag meist einen schwäbischen Gaisburger Marsch mit handgemachten Spätzle aus der Presse meiner Oma von 1946. Auftanken kann ich mit Yoga.“

Berufliches: Dem Abitur am Hohenstaufen-Gymnasium in Göppingen folgten Reisen nach Mittel- und Südamerika und dann ein Studium der Sozialwissenschaften an der Uni Konstanz, das Regina Rapp als Magistra Artium abgeschlossen hat. Anschließend hat sie zunächst als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für empirische Sozialforschung und dann bis 2011 im Zentrum für Studien- und Karriereberatung gearbeitet. Seit 2011 ist sie Leiterin von Förderprogrammen im Hochschulbereich der Uni Stuttgart.

Politisches: Seit 2009 ist Regina Rapp Mitglied der SPD. Sie engagiert sich im Kreisvorstand ihrer Partei, im Vorstand der Esslinger Sozialdemokraten und als Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) in Esslingen.