Was ist Ihr Lieblingstier? Foto: Bulgrin

Von Christian Dörmann

Manche Kandidaten nutzen den Wahlkampf als willkommene Möglichkeit, am politischen Gegner kein gutes Haar zu lassen. Da klingt es schon ein wenig ungewöhnlich, wenn Markus Grübels Betrachtung der gegenwärtigen Situation in dem Satz mündet: „Die politischen Kontrahenten gehen anständig miteinander um.“ Im Wahlkreis Esslingen, den Grübel seit 2002 stets als direkt gewählter Abgeordneter für die CDU vertritt, ist das Feld für die Union gut bestellt. Bei der vergangenen Bundestagswahl im September 2013 brachte es Grübel auf gut 51 Prozent der Erststimmen. Mit der Hälfte musste sich damals sein stärkster Kontrahent Michael Wechsler von der SPD zufrieden geben.

Da kann man es doch schon mal etwas lockerer angehen lassen - oder? Den Eindruck vermittelt der CDU-Kandidat allerdings nicht, auch wenn ihm sein aufwendiger Beruf als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium nicht viele Freiräume für den Wahlkampf gestattet. Deshalb fällt der Sommerurlaub in diesem Jahr aus. „Vielleicht reicht es noch zwei Tage ins Allgäu mit meiner Frau“, sagt Grübel.

Eine Marke für den Einkaufswagen

„Möglichst mit vielen Menschen ins Gespräch kommen.“ So will Grübel bei den Wählerinnen und Wählern punkten. Helfen soll ihm dabei eine Plastikmarke mit seinem Namen drauf, die in den Einwurfschlitz von Einkaufswagen passt. Auf Stadtfesten will er sich sehen lassen, von Tisch zu Tisch gehen und zuhören, was die Leute bewegt. Auch an Podiumsdiskussionen mit mehreren Kandidaten nimmt er teil, wenn ihn seine Chefin Ursula von der Leyen nicht anderweitig verplant hat.

Zuhören: Dieser Begriff wird an diesem Tag, da sich die EZ zur Stippvisite angesagt hat, immer wieder eine Rolle spielen. Um 9.30 Uhr finden in Grübels Wahlkreisbüro in der Esslinger Bahnhofstraße mehrere Herren zusammen: Bishan Shayan, der in Ostfildern lebt, immer wieder aber in Afghanistan ist, und dort als Sprachmittler arbeitet. Er ist sprachliches Bindeglied zwischen Einheimischen, dem Militär oder Behörden und darf sich nur deshalb nicht Dolmetscher nennen, weil er keine entsprechende fachliche Ausbildung hat.

Mit dabei ist auch Hauptmann Andreas Steinmetz, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Bundeswehrverbandes, Grübels Referent Christoph Müller und natürlich der Abgeordnete selbst. Vor dem Wahlkampf also erst einmal die Arbeit. Shayan will seinen Gesprächspartnern klar machen, dass es sinnvoller ist, alle Sprachmittler in einer privaten Firma zu organisieren, anstatt sie wie bisher auch mit soldatischen Aufgaben in die Bundeswehr zu integrieren. Der Vorstoß stößt bei Steinmetz auf geteilte Begeisterung und bei Grübel auf große Bedenken. Die hat übrigens auch der Militärische Abschirmdienst - aus Sicherheitsgründen. Nun will sich der Staatssekretär noch einmal mit den Experten in seinem Haus abstimmen, bevor entschieden wird.

Unten auf der Straße wartet schon Grübels Fahrer. Es geht nach Altbach zur Esslinger Beschäftigungsinitiative EBI. „Das Thema Langzeitarbeitslosigkeit steht im CDU-Wahlprogramm“, erklärt Grübel. Die Zahlen hätten sich seit 2005 halbiert, gleichwohl will er sich einen Eindruck verschaffen, wo Langzeitarbeitslose betreut, beschäftigt und möglichst wieder ins normale Arbeitsleben integriert werden. In Altbach zerlegen Mitarbeiter Computer in wiederverwertbare Bestandteile. Das tut auch ein Mann mittleren Alters, der 30 Jahre lang im Handwerk gearbeitet hat, bis es gesundheitlich nicht mehr ging. Der Mann wurde depressiv, die Beziehung zerbrach, es folgte der Griff zur Flasche, schließlich der Gang ins Obdachlosenheim. Seit einem Jahr hat er wieder eine eigene Wohnung und die EBI hilft ihm, auf die Beine zu kommen. „Man kann hier mit Leuten reden, die Decke fällt einem nicht mehr auf den Kopf“, erzählt er dem Abgeordneten, der aufmerksam zuhört und gelegentlich nachfragt. „Als Langzeitarbeitsloser stehst du außerhalb der Gesellschaft“, bekommt Grübel zu hören. Auch EBI-Geschäftsführer Hans-Ulrich Rabeneick hat viel zu berichten: über zu wenig Hilfsangebote, über ein Sozialticket für den Nahverkehr, mit dem es nicht vorangeht, und von anderen Problemen, die es Arbeitslosen schwer machen, am normalen Leben teilzunehmen. Grübel, dessen Engagement für soziale Belange bekannt ist, kann keine Patentlösungen anbieten.

Kurze Zeit später erwartet den Abgeordneten ein Kontrastprogramm. Hermann und Ralph Wager empfangen Grübel im Besprechungszimmer ihres Unternehmens. Die Firma Kaatsch sitzt im Plochinger Neckarhafen, und früher hätte man etwas despektierlich von einem Schrotthändler gesprochen. Heute verbirgt sich dahinter ein hochmoderner Betrieb, in dem Wertstoffe überwiegend auf umweltfreundlichen Transportwegen wie Neckar oder Bahn umgeschlagen werden. Kaatsch baut aus, Vater Hermann und Sohn Ralph ziehen an einem Strang.

Die Sache mit dem Haken

Hier, direkt am Hafenbecken, begegnet Grübel schwäbischem Unternehmertum im besten Sinne. Dazu gehören auch klare Worte, um die Seniorchef Hermann Wager keineswegs verlegen ist. Er kritisiert viel zu lange Entscheidungswege bei den Behörden („Bis da endlich mal ein Haken dran ist.“), findet Tempo 80 auf der B 10 mehr als nur fragwürdig und hat keinerlei Verständnis dafür, wenn öffentliche Infrastruktur verkommt. „Jeder, der sein Haus nicht saniert, zahlt am Ende ein Mehrfaches“, weiß der Unternehmer. Wiederum nimmt Grübel die Signale auf und hält sich mit Versprechungen zurück.

Bis zur nächsten Station sind es nur wenige Schritte. Zusammen mit den Wagers geht es zu Gerhard Straub, dem Geschäftsführer der Neckarhafen Plochingen GmbH. Dort ist man schnell beim Thema: dem Ausbau der Neckarschleusen für 135 Meter lange Frachtschiffe. Davon würde auch die Firma Kaatsch profitieren und noch mehr Schwerlastverkehr könnte von der Straße geholt werden. „Der Ausbau steht im Bundesverkehrswegeplan“, versichert der Abgeordnete und Kandidat Markus Grübel, gießt aber gleich jede Menge Wasser in den Wein. Der Zeitplan für den Ausbau zwischen Rhein und Endstation Plochingen sei noch nicht klar. Aber bis 2070 oder 2080 werde es schon dauern, bis alles fertig sei. Politik braucht eben häufig eine langfristige Per-spektive.

Im Rahmen der Serie Stippvisite begleitet die Redaktion die Kandidatinnen und Kandidaten von CDU, SPD, Grünen, FDP, Linke und AfD während ihres Wahlkampfes, und stellt die Bewerber für die Bundestagswahl am 24. September vor.

Ein Kandidat mit vielen Ehrenämtern

Privater Lebenslauf: Markus Grübel wurde im Oktober 1959 in Esslingen geboren und ist verheiratet. Nach dem Abitur am Esslinger Mörike-Gymnasium absolvierte er seinen Wehrdienst bei Luftwaffe und Marine. 1979 begann seine Ausbildung zum Notar, er studierte an der Notarakademie, arbeitete zunächst als Notarvertreter und engagierte sich im Zuge der Wiedervereinigung für den Aufbau des Notariatwesens in den neuen Bundesländern. Er war als Fachberater bei den Liegenschaftsämtern der Kreise Dippoldiswalde, Freital und Pirna tätig, leitete das Grundbuchamt Dresden, war Referent für EDV, Organisation und Grundbuchwesen im Sächsischen Justizministerium, bevor es ihn 1995 wieder in Richtung Heimat zog. Bis 1998 war er Notar in Reutlingen und Tübingen, seither ist er Notar in Obertürkheim, allerdings ruht diese Tätigkeit derzeit.

Politischer Werdegang: Über die Junge Union kam Markus Grübel 1986 zur CDU. In den Jahren zwischen 1989 bis 2014 gehörte er dem Esslinger Gemeinderat an und war von 1994 bis 2002 Vorsitzender der CDU-Gemeinderatsfraktion. Zu seinen Themenschwerpunkten gehörten die Bereiche Verwaltung, Soziales und Integration. Im Esslinger Kreistag vertrat Grübel seine Partei von 1999 bis 2002 mit dem Schwerpunkt Soziales, zudem war er Mitglied des Regionalparlamentes der Region Stuttgart (1999 bis 2004 - Schwerpunkte Wirtschaft und Verwaltungsreform) und ist seit 2002 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter im Wahlkreis Esslingen. 2013 begann seine Arbeit als Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin der Verteidigung.

Ehrenämter: Neben seiner politischen Arbeit bekleidet Markus Grübel zahlreiche Ehrenämter: Co-Vorsitzender im interfraktionellen Gesprächskreis Hospiz, Mitglied des Kuratoriums der Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus (Stellvertreter), Mitglied der Kolpingsfamilie Esslingen, Präsident des Blasmusikverbandes Esslingen, Mitglied im Bundeswehrsozialwerk, Mitglied im VdK, Vorsitzender der Katholischen Arbeitsgemeinschaft für Soldatenbetreuung, Vorsitzender des Vereins „Die Bundeswehr hilft Kindern in der Dritten Welt“.