Wolfgang Kubicki will nicht nur einen Vortrag halten, sondern er sucht das Gespräch mit den Bürgern. Foto: Bail Quelle: Unbekannt

Von Petra Bail

Auf fast jedem Produkt steht ein Verfallsdatum. Warum nicht auch auf Verordnungen? Eine Überprüfung nach einem Jahr hält Wolfgang Kubicki für sinnvoll. Der stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP und Vorsitzende der Landtagsfraktion in Schleswig-Holstein war gestern Vormittag zum Bürgergesprächs ins Clubhaus des Tennisvereins Aichwald gekommen. Er war der Einladung des Ortsverbands der Freien Demokraten Schurwald gefolgt. Dessen Vorsitzender Josef Dornbach freute sich über das Interesse von 40 Bürgern, was seiner Meinung nach auf der Hand lag. „Do kommt dr Kubicki, do komm‘ i au“, sei die Reaktion vieler gewesen. Schließlich habe der FDP-Vize in schwierigen Zeiten eine coole Haltung bewiesen und die politische Mitte weiter vertreten.

Der Spitzenkandidat, mit dem die Nord-Liberalen in den Bundestag einziehen wollen, zeigte sich etwas erschrocken vom „Butterfahrt-Charme“ der Bestuhlung. Die Sitzgelegenheiten waren wie bei Reisebussen in drei Reihen hintereinandergestellt. Schmunzelnd versicherte er, keine Heizdecken zu verkaufen. Vielmehr gab er einen kurzen Abriss über die Inhalte der Partei wie Bildung und Ausbildung als Gesamtaufgabe, samt der Förderung von Talenten, insbesondere handwerklich begabter Menschen. „Es müssen nicht alle Akademiker werden.“ Zentrales Thema ist für ihn die schnelle Verbesserung der digitalen Infrastruktur des Landes, das im internationalen Vergleich weit hinter Rumänien, Polen und Tschechien rangiere. Kinder müssten an die Digitalisierung in Schulen herangeführt werden. Dafür will die FDP im Jahr 1000 Euro pro Schüler einsetzen.

Selbstfahrende Autos, Elektromobilität und die notwendigen schnellen Verkehrsdurchflüsse erforderten Investition, auch in den Straßenbau, meinte Kubicki. In der Energiepolitik gelte es ökologische Interessen und Interessen der Menschen zu verknüpfen. Sein Appell an die Baden-Württemberger: Sie sollten keine Windkraftanlagen bauen, sondern den Strom aus Schleswig-Holstein beziehen. Im Land zwischen den Meeren werde genügend erzeugt. Im Hinblick auf die Terrorismusgefahr plädiert er für die konsequente Anwendung bestehender Gesetze und mehr Personal. Um den wirtschaftlichen Wohlstand zu erhalten, gelte es, unternehmerische Aktivitäten zu fördern, statt sie durch Gesetze zu behindern. „Wir müssen Menschen stützen, die den Karren ziehen.“

Im Bürgergespräch wurden Themen vertieft, Fragen aber auch neu aufgeworfen, beispielsweise zur Mietpreisbremse. Es gebe Gebiete, wo sie nicht angewendet werden dürfe, meinte der FDP-Politiker. Er brach eine Lanze für kostengünstiges Bauen und die Vereinfachung von Bestimmungen diesbezüglich. Eine klare Haltung zeigte Kubicki zur Türkei: keine Gespräche zum EU-Beitritt der Türkei, Hilfe stoppen und keine Visafreiheit für Türken. Auf die Frage nach der doppelten Staatsbürgerschaft, insbesondere für türkischstämmig Menschen, sagte er: „Die Loyalität zum Staat hat nichts mit dem Pass zu tun.“ Er verwies auf das Gegenbeispiel deutscher Reichsbürger. Auch bei Fragen zu „Ehe für alle“, lähmenden Gesetzen, einer möglichen Jamaika-Koalition, zum Euro und zur Flüchtlingspolitik bezog er eine eindeutige Position. Im Blick hatte er das Wohl der selbstbestimmten Bürger.

Das letzte Wort der Vormittagsveranstaltung hatte Sven Kobbelt, FDP-Bundestagskandidat im Wahlkreis Esslingen. Der Rechtsanwalt unterstrich, dass die FDP Probleme nicht mit Ideologien und Utopien angehe, sondern mit vernünftigen Lösungsvorschlägen.