Fabian Schmidt fordert eine Renaissance der politischen Debatte. Alle müssen mitmachen. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Die Trennung von Hannes Wolf war ein Fehler – in der Sache, in der Art und vom Timing her. Ein guter Chef hätte ihm den Rücken gestärkt – trotz dessen Selbstzweifel.

Esslingen/StuttgartD

u Schwachmat“, denkt nach der Lektüre dieser Zeilen bestimmt mancher – und meint damit mich. Denn es mag sein, dass ich mit dem VfB-Trainer Hannes Wolf zu viel Nachsicht walten lasse, ob der aktuellen Leistung, ob der jüngsten Ergebnisse. Und dass es für den (Miss-)Erfolg wurscht ist, ob ein Trainer ein netter Kerl oder eine menschliche Wurst ist. Aber ich glaube fest daran, dass ein Coach mit einem hohen EQ – bei gleicher fachlicher Kompetenz – immer die bessere Wahl ist, und vor allem langfristig zu mehr Erfolg führt. Die Entlassung von Hannes Wolf war daher nicht nur ein Fehler in der Sache, sondern vor allem in der Art, und in jedem Fall kam sie zu früh.

Denn 495 Tage und 52 Pflichtspiele haben mit der versprochenen Langfristigkeit so viel zu tun wie ein Bekenntnis des VfB-Vorstands Michael Reschke zum Trainer („Trennung würde ich im Moment komplett ausschließen“) mit dessen Handlungen nur Stunden später (Entlassung). Erschwerend hinzu kommt, dass der Manager mit seiner Aussage im ZDF-Sportstudio vor einer Woche („Wir müssen über spielerische und taktische Alternativen sprechen“) den ersten Dominostein einer Trainerdiskussion selbst umgeworfen hatte, wobei die Pfiffe am Samstag im Stadion den Umfall-Prozess noch beschleunigt haben. Ein guter Vorgesetzter sagt so etwas zum einen nicht öffentlich und macht zum anderen nach dem Bekenntnis zu Wolf – auch wenn dieser selbst Zweifel äußert – keine Kehrtwende. Dann heißt es: „Junge, schlaf erst mal drüber. Wir wuppen das gemeinsam.“ Freilich gilt das nur, wenn ich an die Qualitäten meines Mitarbeiters glaube. Und beim VfB wirkt es nun so, als ob dies bei Michael Reschke nicht mehr der Fall war – und er den Fehler von Hannes Wolf, leichte Selbstzweifel in diesem Geschäft von testosteronschwangeren Schwergewichten zu äußern, ausnutzte.

Nun sind wir wieder im weiß-roten Krisental, „alles beim Alten beim VfB“, wie mein Kollege gestern schrieb. Trainerwechsel, Abstiegssorgen. Hinzu kommt der endgültige Abschied von einem neuen Kapitel der Klubgeschichte: mit einem jungen Trainer und einer jungen Mannschaft langfristig in die Zukunft zu schreiten. Das schmerzt in der Fanseele besonders.

Ein EZ-Kollege hat in 35 Jahren VfB-Berichterstattung 32 Trainer erlebt, mit Tayfun Korkut sind es nun 33. Das sagt eigentlich schon alles. Vielleicht sollte man einfach mal länger an einem Trainer festhalten...