EZ-Mitarbeiter Moritz Osswald macht sich Gedanken über Trendkost. Foto: oh - oh

Bei der Flut an Ernährungsratgebern empfiehlt unser Autor: selbst auf Entdeckungsreise gehen, sich nicht von wohlklingenden Essdiktaturen vereinnahmen lassen. Zumal man manchmal die Folgen kennen sollte.

Esslingen - Kennen Sie den schon? „Woran erkennst du einen Veganer? Er wird es dir sagen.“ In Zeiten, in denen Menschen in einer Informationsflut ertrinken, schaffen Sichtweisen mit Absolutheitsanspruch Abhilfe, bieten Orientierung. Gerade bei Themen, die komplex und schwierig erscheinen. Ernährung ist so ein Feld, Beispiele gibt es hier in Hülle und Fülle. Die Regale im Bücherladen quellen über vor Kochfibeln und Ernährungsratgebern. Begriffe wie vegan, Paläo, Rohkost, Clean Eating, flexitarisch, pescetarisch machen dort die Runde. Der moderne Mensch wird erschlagen von extravaganten Ernährungsformen. Trends konkurrieren erbittert um Aufmerksamkeit, der wichtigsten Währung der heutigen Zeit. Jede Ernährungsweise meint, den heiligen Gral entdeckt zu haben. „Die mediterrane Kost ist am gesündesten“, schreit es in manchen Broschüren. „Der Mensch sollte sich ernähren wie seine Vorfahren“, postulieren Paläo-Advokaten. Was aber, wenn man keine Lust hat, sich wie ein Steinzeitmensch zu ernähren? Die Wahl der eigenen Kostform bietet Identifikationsfläche, gleicht einer neuen Religion.

So zum Beispiel der vegane Mitteilungsdrang: das neue Missionieren ketzerischer Fleischfresser. Dabei ist die Datenlage hinsichtlich der positiven Auswirkungen dieser totalitären Trendkost-Essformen erschreckend dünn. Eine Ernährungsform mit vermeintlicher Einheitsgröße allen Menschen überstülpen zu wollen, ist grotesk, kurzsichtig, gar fahrlässig. Jeder ist anders beschaffen, reagiert unterschiedlich auf verschiedene Nahrungsmittel, befindet sich in einer anderen Lebenssituation. Zudem wird bei manchen Ernährungsweisen ein gewisser Kenntnisstand verlangt. Veganer beispielsweise sollten ihre Kalzium- und Vitamin B12-Aufnahme kritisch im Blick behalten. Das ist zwar keine Herkulesaufgabe, aber wer sich schon bei der Wahl zwischen Ketchup und Mayo schwer tut, sollte es sich vielleicht nochmals überlegen. Selbst die Bundesregierung mahnte 2014 vor der veganen Ernährungsweise. Daher gilt die Devise: selbst auf Entdeckungsreise gehen, sich nicht von wohlklingenden Essdiktaturen vereinnahmen lassen. Man ist eben immer noch, was man isst.