Färben, tönen, kolorieren: Viele Menschen stehen nicht dazu, dass sich ihre Haare grau färben. EZ-Reporterin Julia Theermann hat da einen ganz anderen Kandidaten kennengelernt.

EsslingenAus der Kategorie „Das Gras ist auf der anderen Seite immer grüner“ kommt heute eine überraschende Doppelmoral. Und zwar geht es um das allmähliche Ergrauen der Kopfbehaarung. Es ist wahrscheinlich nicht neu, dass Frauen sich in der Regel häufiger darum bemühen, die ersten grauen Haare auszureißen oder mit einem Kreislauf des Färbens zu beginnen. Aber auch Männer – der Vater der Autorin hat es auch mal versucht – probieren hin und wieder mal eine Tönung für Haupthaar und/oder Bart, um dem fortschreitenden Ergrauen Einhalt zu gebieten.

Vielleicht war die Schreiberin dieser Zeilen deshalb so überrascht, als ein Bekannter mit ordentlichem Salz-und-Pfeffer-Effekt in der Schläfenpartie gestand, dass er sich die Haare färben lässt. Der Gute arbeitet nämlich als Banker, und da er trotz seines fortgeschrittenen Alters noch keine eigenen grauen Haare hat, fürchtet er, nicht ernstgenommen zu werden. Darum die regelmäßigen Trips zum Friseur. Die Autorin war zunächst baff. Wie gesagt: Ihrer Erfahrung nach tun viele Leute so einiges, um jede Spur von sichtbarem Grau zu verbergen. Aber diese Erfahrung muss sie nun eventuell revidieren. Denn laut diversen Berichten lassen inzwischen auch immer mehr Frauen die Hände von der Tönung und stehen zum Grau. Dem natürlichen Ergrauen helfen gerade jüngere Frauen sogar inzwischen hin und wieder mit Chemie nach – ähnlich wie der Bekannte der Autorin. Ein interessanter Trend. Und kein schlechter. Schließlich sollten sich zum Beispiel Menschen, die mit 25 – oder deutlich früher – ihre ersten grauen Haare bekommen, nicht schämen müssen – oder das graue Haupthaar für den Rest des Lebens färben.

Gehört Mut dazu, als Mann zu seinen grauen Haaren zu stehen? Dazu kann die Autorin nicht viel sagen. Gehört Mut dazu, als Frau zu den grauen Haaren zu stehen? Ein klares Ja. Noch. Aber wenn sich mehr Männer und Frauen dazu bekennen, dass Altern nichts ist, wofür man sich schämen muss – und dass einen graue Haare nicht auf einen Schlag „alt“ machen – dann könnte sich das bald ändern.