Johannes M. Fischer. Foto: Bulgrin - Bulgrin

Johannes M. Fischer erklärt, warum er sich freut, auch mal endlich über Verspätungen bei der Bahn mitmeckern zu dürfen.

EsslingenDer Kreis Esslingen ist jetzt unter den Top 10. Und zwar in der Disziplin „längste Tunnel Deutschlands“. Die acht Kilometer lange Eisenbahnstrecke löste bei den gestrigen Grußwortrednern wahre Freudentaumel aus. Obwohl ich mich inzwischen in der „Ich fahre gerne mit der Bahn“-Gemeinde befinde, konnte ich nicht verhindern, dass mein Gedächtnis trotz der Feierstimmung ein Erlebnis hochspülte, das ich gerne verdängt hätte.

Es ist erst zwei Wochen her. Sechseinhalb Stunden hatte ich für die Fahrt von Esslingen nach Magdeburg eingeplant, am Ende waren es nach einer haarsträubenden Odyssee kreuz und quer durch Deutschland etwa fünfzehn Stunden. Und das nur, weil ich unterwegs einen guten Menschen traf, der eine gute Tante hatte, die sich weit nach Mitternacht mit ihrem Auto durch den strömenden Regen und durch die sachsen-anhaltinische Pampa schlug, um uns an einem Bahnhof irgendwo im Nirgendwo abzuholen. Hätte sie es nicht getan, die Fahrt hätte noch ein paar Stunden länger gedauert.

Warum ich das erzähle? Nein, ich will die Bahneuphorie – auch meine eigene – nicht trüben. Keineswegs! Aber jetzt, wo ich zur Bahngemeinschaft gehöre, will ich endlich mitmeckern dürfen. Das Stöhnen über Züge, die zu spät kommen, ist nämlich ein wunderbarer Einstieg, um mit Leuten ins Gespräch zu kommen. In- und außerhalb der Züge, mit und ohne Tunnel.