EZ-Mitarbeiter Moritz Osswald macht sich Gedanken über Trendkost. Foto: oh - oh

Moritz Osswald philosophiert über die Grenzen des Genderns

Esslingen - Mittwochmittag, hitzige Hochschuldiskussion über das Gendern von Texten. Die Dozentin, Radikalfeministin seit der nullten Welle, plädiert für konsequentes Durchgendern jedes Tastenanschlags. Die frischgebackenen Studenten sind verunsichert: Sind sie überhaupt noch Studenten, oder doch Student_innen? Oder gar Student*innen? Auf jeden Fall sind sie Studierende. Schnell fällt auf: Es ist nicht einfach, die Grenze zwischen „Gender Balance“ und Textästhetik zu finden. Während sich an Bürgerinnen und Bürgern wenige die Augen reiben, wird es bei den Halbgöttern in Weiß schon schwieriger. „Ärzt_innen“ ist kein hübsch anzusehendes Wortkonstrukt. Zudem ist es sprachwissenschaftlich fragwürdig. Ein Leserbrief, kürzlich in der gendersensiblen „taz“ zur besagten Debatte veröffentlicht, trifft den Nagel auf den Kopf: „‘Ärzt‘ ist kein deutsches Wort.“ Glanzstück der Diskussion: „jemensch“. Ein vermeintlicher Ersatz für das allseits benutzte, machomännliche „jemand“.

Fakt ist: Das sogenannte Binnen-I (etwa bei LehrerInnen) verstößt gegen die deutsche Rechtschreibung. Die Intention hinter dem Ganzen ist durchaus ein hehres Ziel. Gleichstellung der Frau, nicht nur in der Theorie, auch in der Praxis. Sprache beeinflusst, weckt Vorstellungen und Assoziationen. Was Menschen jedoch eigentlich möchten, wenn sie einen Text lesen: ihn verstehen. Möglichst in einem Rutsch. Dabei sind Sterne, Unterstriche, große Is oder eine Kombination dergleichen nicht hilfreich. Der Lesefluss wird mit Füßen getreten. Dennoch entsteht der Eindruck, dass die Versteifung auf diesen Sprachfanatismus als das Nonplusultra des Progressiven angesehen wird.

Dabei geht es auch anders: Lehrkräfte, Vorsitzende oder die erwähnten Studierenden sind geschlechterneutrale Begriffe. Sie erhalten den Lesefluss und entstellen einen Text nicht. Die Debatte wird weitergehen. An alle, die immer noch nicht genug bekommen können, hat die Dudenredaktion gedacht. Das 120-seitige Buch „Richtig gendern“ dürfte hoffentlich jegliche offenen Fragen klären.