Julia Theermann Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Die Ernährungsgewohnheiten der Einheimischen stoßen bei der ostfriesischen Reporterin manchmal auf Verwunderung. Ein typisch schwäbisches Gericht hat sie nun aus Gruppenzwang probieren müssen.

EsslingenSechs Monate hat sich die Autorin erfolgreich davor gedrückt, ein schwäbisches Nationalgericht zu probieren: Linsen mit Spätzle und Saiten. Teilweise lag das daran, dass die Ostfriesin sich unter dem Wort „Saiten“ nichts vorstellen konnte. Aber der eigentliche Grund: Der Schreiberin dieser Zeilen will es sich schlichtweg nicht erschließen, warum ein Gericht zwei Stärkebeilagen braucht. Sowohl Linsen als auch Teigwaren wie Spätzle haben ähnlich viele Kohlenhydrate. Für den gesundheitsbewussten Esser – zu denen sich die Autorin eigentlich nicht zählt – müsste das doch unlogisch sein. Aber jedes Mal, wenn Linsen, Spätzle und Saiten zusammen auf dem Speiseplan der Kantine auftreten, gibt es einen regelrechten Run darauf.

Wie gesagt, bisher hatte sich die Schreiberin erfolgreich geweigert, das Gericht zu probieren. Doch kürzlich stand es erneut auf dem Plan – und sie verplapperte sich im Gespräch mit Kollegen: „Das habe ich noch nie gegessen“, rutschte es ihr heraus. Mehrere Augenpaare waren sofort auf sie gerichtet: „Dann ist heute das erste Mal“, entschlossen die Kollegen. Und achteten folglich in der Kantine darauf, dass sie das Essen auch wirklich bestellte. Noch etwas Essig drauf und dann ging’s ans Eingemachte. Mit großem Interesse verfolgte der alteingesessene schwäbische Kollege von der anderen Seite des Tisches ihren ersten Bissen – nur um dann zu urteilen: „Na, Begeisterungsstürme sehen aber anders aus.“

Recht hat er. Einzeln waren die Komponenten des Gerichts sehr lecker, aber Linsen und Spätzle – die Kombination entzieht sich immer noch der Logik der Ostfriesin. Ebenso, übrigens, wie Kartoffelsalat ohne Mayonnaise. Vielleicht, hat sie sich überlegt, bestellt sie das Essen aber trotzdem noch einmal – dann aber ohne die Spätzle.