„Gute Nacht! Bis nächstes Jahr!“ Wie viele Reptilien machen Schildkröten etwas ganz Cleveres: Sie verpennen einfach den kalten, dunklen Winter. Die wechselwarmen Tiere fahren ihren Stoffwechsel so weit herunter, dass sie monatelang schlafen, ohne groß an Gewicht zu verlieren. Vor dem Zubettgehen wird ihr Darm mit einem warmen Bad noch einmal in Schwung gebracht (wir wollen ja keine monatelange Verstopfung), dann geht’s in mit Erde, Moos und Blättern gefüllte Kisten in den Keller. Automatisch buddeln sich die Kröten tief ein - und schlafen. Idealerweise, bis es wieder so ein Wetter hat, bei dem sie draußen übernachten können, ohne einzufrieren.
Nur hat die Natur wohl früher nie daran gedacht, dass der Mensch so etwas Überflüssiges wie den Klimawandel verursachen könnte. Deshalb ist es tageweise manchmal schon im Februar so frühlingshaft, dass die beiden Kröten zu früh wieder aufwachen. Da kommt man zur regelmäßigen Wiegekontrolle in den Keller, lupft die Korbabdeckung und da gucken einen hungrig die zwei Lieblingstiere an. Den stecknadelkopfgroßen Gehirnen zu erklären, dass es im Februar keinen Löwenzahn gibt und welche Schuld gar der Klimawandel an diesem Dilemma trägt - zwecklos. Die wachen Schildis zu ignorieren, bringt auch nichts: Ihr Stoffwechsel fährt allmählich wieder hoch - sie könnten im Keller verhungern. Also ab ins Wohnzimmer unter die Wärmelampe, unter der die beiden Damen allmählich den Lagerkoller kriegen: Die alte Rennmauskiste ist einfach zu klein für zwei dickköpfige Charakterkröten.
Und was füttern? Wildkräuter sind am besten, von Gewächshaus-Salat wird keine Kröte groß und alt. Die Besitzer haben deshalb schon absurdeste Versuche unternommen, Löwenzahn und Co. einzufrieren. Sprießen dann die ersten zarten Blätter, begibt sich Frauchen auch schon mal in Lebensgefahr, um zwischen Bahngleisen zu ernten. Da der Klimawandel wohl nicht aufzuhalten ist, bleiben auf Dauer nur zwei Lösungen: Entweder eine Indoor-Löwenzahnplantage betreiben oder die Schildkröten im kältekonstanten Kühlschrank schlafen lassen. Da ist immer Winter. Lesen Sie außerdem an dieser Stelle demnächst, wie es passieren kann, dass ein Haustier aus Versehen in den Winterschlaf fällt.