EZ-Redakteur Martin Mezger über die heilsame Sensibilisierung der Deutschen Bahn in Sachen Diversität.
EsslingenAlle schimpfen über die Deutsche Bahn. Wir nicht - mehr. Seit wir erkannt haben, dass hinter dem allgemeinen Bahn-Bashing pure Ignoranz steckt. Verspätungen? Überfüllte Züge? Unfähigkeit, die vom Management-Kopf herabstinkt wie der sprichwörtliche Fisch? Alles Quatsch. Tatsächlich sind die vermeintlichen Mängel ein raffiniertes soziales Bildungsprogramm. Beispiel: Von Stuttgart Richtung Bodensee verkehren Züge, die gleichzeitig Intercity und Regionalexpress sind. So steht’s im Fahrplan. Im IC aber werden Fahrräder nur nach Reservierung mitgenommen, im RE nur ohne. Also was nun? Der äußerst reservierte Zugbegleiter verwehrt unreservierten Zweirädern den Einlass, da - IC. Aber doch auch RE? Mit solcher Fahrplan-Rabulistik braucht der ratlose Radler dem grollenden Türsteher des rollenden Materials gar nicht zu kommen, da platzt dem schneller der Kragen als ein Hinterreifen auf dem Nagelbrett. Doch dann fällt mitten im Herumgoschen der Groschen: Na klar, diesmal trägt die Bahn zur fortgeschrittenen Sexualaufklärung bei – in verdienstvoller Zusammenarbeit mit unserer grün geführten Landesregierung, denn die hat die Zwitter-Züge bestellt. Der lehrreiche Clou ist einfach, aber wirkungsvoll: Eine „Zuggattung“, wie es im Bahnjargon heißt, muss nicht sein, was sie ist. So wie im Gender-Zeitalter Mann nicht Mann und Frau nicht Frau sein muss. Und deshalb dringt man mit seinem Stahlross nicht einfach so in den Transgender-Express ein. Danke, liebe Bahn, für die heilsame Sensibilisierung in Sachen Diversität.
In der nächsten Lektion lernen wir: Relativitätstheorie für Einsteiger – die wundersame Zeitvermehrung. Wie dank verpasster Anschlüsse aus fünf Minuten Verspätung zwei Stunden werden.