Quelle: Unbekannt

Von Elisabeth Maier

Mit einem Glas Leitungswasser startet der Tag so richtig gesund. Der Tipp ist in vielen Gesundheitsratgebern zu finden. Allerdings ist Wasser heute nicht mehr gleich Wasser. Wer im Restaurant nach einem Glas „Hahnenwasser“ verlangt, wird vielerorts schief angeschaut. Nur mein Lieblings-Grieche und der Lieblings-Italiener stellen mir unaufgefordert und charmant lächelnd ein Glas Wasser neben das Weinglas. Was in den USA oder in der Schweiz eine Selbstverständlichkeit ist, gibt es in deutschen Lokalen leider viel zu selten. Wehmütig denke ich an die prall gefüllten Wasserkannen mit Eiswürfeln, die man in Kalifornien unaufgefordert zu jedem Essen bekommt. Das Gläschen Wasser zum Espresso ist da schon Freude pur. Eine freundliche Bedienung erklärt mir, dass das „wegen der Hygienevorschriften“ leider nicht gestattet sei. Ein umtriebiger Kellner stellt klar, dass man „still“ oder „prickelnd“ stets in Flaschen verkaufe. San Pellegrino beim Edel-Italiener, Römer-Quelle im gutbürgerlichen Restaurant – und sogar beim Griechen gibt es stilechtes Mineralwasser aus dem Mittelmeerraum.
Um daheim immer ein Glas Wasser griffbereit zu haben, kaufte ich mir eine blau-weiß getupfte Kanne in einer Manufaktur der polnischen Keramik-Hauptstadt Bunzlau. Mit Minzblättern und Zitronenscheibchen ist man da auch an heißen Tagen bestens versorgt. Hahnenwasser spart nicht nur das mühsame Kistenschleppen – mit Geschmack ist das auch nicht so fad. Im Sportstudio fühle ich mich mega-out, weil ich meine durchsichtige Wasserflasche mit Leitungswasser und ein paar Ingwer-Scheibchen fülle. Gesünder mag das ja sein, aber wie sieht das denn aus? Die hippen Mädels in ihren Venice-Beach-Shirts rümpfen das gepuderte Näschen und packen ihre Iso-Drinks aus. Allenfalls Contrex oder Vittel gehen in diesen schicken Kreisen durch – dass die vom umstrittenen Wasserhändler Nestlé sind, den politisch Korrekte eigentlich boykottieren – Schwamm drüber.
Im Büro greifen die Kollegen manchmal noch zur verpönten Wasserflasche aus Plastik. Die ist zwar „PET“, aber die Schädlichkeit des Materials ist vielfach nachgewiesen. Schreckbilder von Fischen mit Plastik zwischen den Kiemen geistern durch den Kopf. Wie gut, dass es für die Gäste Wasser in Mehrwegflaschen gibt – und zwar gleich mit dem Prädikat „bio medium“. Was das Produkt vom gesunden Mineralwasser aus dem Schwarzwald für den halben Preis unterscheidet, mögen Ernährungswissenschaftler erforschen. Was ist da mehr, was ist weniger bio? Meine Antwort ist klar: Mir schmeckt das Wasser aus dem Hahn immer noch am besten.