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Doch am vergangenen Samstag haben sich Pfarrerinnen, Pfarrer und Delegierte aus den Kirchengemeinderäten des Kirchenbezirks Bad Cannstatt zwei Stunden Zeit genommen, um sich von Fachleuten über die Probleme des Rechtsstaates informieren zu lassen. Sie haben sich insbesondere mit sozial benachteiligten Jugendlichen befasst. Die Mitglieder der Bezirkssynode haben es nicht beim Diskutieren belassen. Sie haben sich dafür ausgesprochen, das Familienprojekt "Cannstatter Alternative" im Ferienwaldheim Otto-Riethmüller-Haus zu unterstützen. Und sie haben für den Stuttgarter Asylpfarrer Werner Baumgarten 2000 Euro bewilligt, um Menschen in Notlagen unbürokratisch zu unterstützen. Baumgarten hatte die rund 60 Synodalen über die Grenzen des Rechtsstaates informiert, an die er bei seiner täglichen Arbeit mit Asylsuchenden und Migranten stößt.
Annette Barth von der "Cannstatter Alternative" entwarf ein Bild davon, welches Leben sich in Zukunft im Waldheim Otto-Riethmüller-Haus abspielen soll. "Unsere Idee ist, dieses Haus mit seiner herrlichen Grünanlage nicht nur für wenige Ferienwochen mit Leben zu füllen, sondern auch über's Jahr Angebote für Familien zu machen." Im Mai 2008 soll es losgehen. Dann werden für Eltern Kurse in Gesundheits- und Ernährungsfragen angeboten. Auf die Kinder wartet währenddessen ein kunterbuntes Programm. Die "Cannstatter Alternative" wird vom evangelischen Dekanat Bad Cannstatt und vom Cannstatter Diakonieverein getragen. Zur Zeit dröhnen am Otto-Riethmüller-Haus zwischen Hallschlag und Burgholzhof, noch Baugeräte. Das Waldheim aus den 60er-Jahren wird rundum renoviert.
Angebote zur Unterstützung von Familien und zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen sind bitter nötig. Rosa-Maria Wolff vom Haus des Jugendrechts berichtete von der Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher. "Vor ein paar Jahren noch war es üblich, dass Jugendliche davon träumten, einen Arbeitsplatz zu finden und ein normales Erwachsenenleben zu führen. Immer mehr verlieren dieses Ziel aus den Augen", beobachtet die Staatsanwältin. Bei ihrer Arbeit mit jugendlichen Straftätern macht Wolff auch hoffnungsvolle Erfahrungen. "Jugendliche haben Kraft. Sie können von vorn anfangen, wo keiner es ihnen zutraut. Wir Älteren würden vieles nicht aushalten, was unsere Jugendlichen heute ertragen müssen." "Wir sind als Christen dazu verpflichtet, die Perspektive von Jesus, die eine Perspektive von unten ist, einzunehmen", forderte der Cannstatter Pfarrer Heiner Schmidt in seiner Stellungnahme. Eine große Chance für das soziale Lernen biete der Konfirmandenunterricht, in dem sich Hauptschüler gemeinsam mit Jugendlichen vom Elitegymnasium zu einer Lerngruppe zusammenfinden.
Auf einer Sondersynode im Juni befassen sich die Synodalen wieder mit ihren Verwaltungsaufgaben. Sie bereiten dann den Start des Kirchenkreises Stuttgart im kommenden Jahr vor.
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