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Viel Lärm um wenig Neues
Was wurde über das Ladenschlussgesetz nicht alles debattiert. Mitten in der Nacht kauft doch sowieso keiner ein, ereiferten sich Viele. Die Freigabe der Öffnungszeiten sei unnötig wie ein Kropf. Vor allem, da Verkäufer und Verkäuferinnen dann noch schlechtere Arbeitszeiten hätten. Auch die Gefährdung der Familienbetriebe wurde ins Feld geführt. Politiker, Gewerkschaften und Bürger diskutierten sich die Köpfe heiß. Diese Woche nun wurde im Landtag die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten beschlossen. Jeder Händler kann ab März selbst entscheiden, wann er seinen Laden öffnen will. Und was wird sich dadurch ändern? Weit weniger als befürchtet. Für die Geschäfte in den Stadtbezirken lohnt es sich nicht, nach 20 Uhr zu verkaufen. Selbst in der Innenstadt wurden die bisher erlaubten Zeiten nicht voll ausgenutzt. Zwar haben die Läden in der Königstraße bis 20 Uhr geöffnet, in den Seitenstraßen sieht es jedoch ganz anders aus. Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Warum sollte ein Geschäft denn öffnen, wenn es sich wirtschaftlich nicht lohnt? Die Einzelhändler wissen genau: Die Kunden werden vielleicht zu einem anderen Zeitpunkt einkaufen, aber deshalb noch lange nicht mehr Geld ausgeben.
Das Einzige, was sich durchsetzen könnte, ist der lange Donnerstag. Viele Händler in der Innenstadt sind bereit, das Experiment zu wagen. Utopisch ist es jedoch, zu glauben, dass sich Banken und Behörden anschließen. Bei den Banken kann man schon längst abends Beratungstermine vereinbaren - selbst wenn die Filiale geschlossen hat - und für einen Schalterbetrieb besteht in Zeiten von Automaten und Internet-Banking kein Bedarf. Auch für Ämter und Ärzte ist ein langer Donnerstag kaum interessant. Die meisten Behördengänge werden eh in den Bürgerbüros erledigt, und die sind genauso wie der Großteil der Arztpraxen in den Stadtbezirken und nicht an der Shopping-Meile. Von dem von der City-Initiative mal angedachten Dienstleistungsabend wird also nur ein reiner Einkaufsabend übrig bleiben. Man wird sehen, wie dieser angenommen wird. Langfristig könnte er sich in zwei Fällen halten: Wenn entweder noch mehr Leute aus dem Umland nach Stuttgart zum Einkaufen fahren, oder die Öffnungszeiten am Morgen zugunsten des Abends weiter eingeschränkt werden. Ansonsten stehen nämlich höhere Kosten gleichen Umsätzen gegenüber - und das wird kein Händler mitmachen.
Viel Lärm also um herzlich wenig Neues? Man kann es so sehen. Trotzdem ist es gut, dass das alte Ladenschlussgesetz gefallen ist. Freuen dürfen wir uns nämlich auf einige lange Einkaufsnächte in der City - hoffentlich mit schönen Sonderaktionen - und auf die ein oder andere Abendveranstaltung einzelner Händler. Und das alles ohne viel Bürokratie.
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