Anzeige
Reibach mit schnellem Sex
Angesichts der vielen Wettbüros in der Altstadt darf man Bad Cannstatt getrost zu den Zockerhochburgen der Landeshauptstadt rechnen. Da lag die Befürchtung nahe, dass sich durch das Wegfallen des Zweckentfremdungsverbotes auch das horizontale Gewerbe in Stuttgarts größtem Stadtgebiet ausbreitet. Doch von einem verruchten Bad Cannstatt kann man wahrlich nicht sprechen - gerade einmal 19 Etablissements sind Ordnungsamt und Polizei bekannt; und von Dunkelziffern, Zuhälterei und bandenmäßiger Prostitution können die Behörden in diesem Zusammenhang nichts Negatives berichten.
Das ist sicher erfreulich, allerdings ist diese geringe Zahl von Liebesdienerinnen ein eher schwacher Trost für diejenigen, die in einem Wohnhaus leben, wo sich die Freier die Klinke in die Hand geben und der Anblick von Strapsen im Hausflur fast an der Tagesordnung ist. Eine rechtliche Handhabe für Behörden gibt es zumeist nicht und den privaten Klageweg beschreiten nur die wenigsten Betroffenen.
Polizei und Ordnungsamt überwachen zwar und versuchen im Rahmen ihrer Möglichkeiten, das horizontale Gewerbe in den Mischwohngebieten nicht ausufern zu lassen. Ein Schutz vor rücksichtslosen Vermietern ist das jedoch nicht. Denn es ist bekannt, dass Prostituierte ohne viel Diskussionen mehr Miete bezahlen. Auf diese Weise sind schon ganze Mietshäuser auf einen Schlag in ein florierendes Bordell umgewandelt worden.
Doch eines darf man bei der Diskussion über Prostitution nicht vergessen: Es war richtig, diese Frauen aus ihrer Illegalität zu befreien und ihnen somit die Möglichkeit zu geben, ihrem Beruf unter menschenwürdigen Bedingungen nachzugehen. Moralapostel, die jetzt mahnend den Finger erheben, sollten bedenken: Es herrscht Bedarf, und zwar seit Menschengedenken ein ziemlich großer. Angesichts solcher Fakten darf die Gesellschaft nicht die Augen verschließen und das Thema unter dem Motto "Ich habe nichts gegen Huren - aber bitte nicht in meiner Nachbarschaft" von einem Haus ins nächste schieben. Denn irgendwo müssen die Damen ihre Kunden empfangen.
Letztendlich haben es die Hausbesitzer - auch in der Cannstatter Altstadt - in der Hand, dass der Nachbarschaftsfrieden nicht durch betrunkene Freier oder nackte Frauen im Treppenhaus gestört wird. Doch wer den schnellen Reibach mit schnellem Sex machen will, der schert sich halt einen Dreck darum, ob Kinder in dem Wohnhaus leben oder sich ein Schulweg in der Nähe befindet. Den gleichen Vorwurf müssen sich übrigens auch die Hausbesitzer gefallen lassen, denen es offensichtlich egal ist, dass in Bad Cannstatt ein Wettbüro nach dem anderen aufmacht.
Anzeige