Esslingen/Ludwigsburg – Das Kinderfilmhaus ist eine Einrichtung der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg. Vor drei Jahren erhielten Studierende die Gelegenheit, das spezielle Kinderinformationszentrum im historischen Aldinger Torhaus einzurichten.
Von Petra Bail
Frieder Scheiffele gehört zum Gründungsteam. Gemeinsam mit zehn Kollegen übernimmt er seither an Wochenenden die Führungen durch die einzelnen Bereiche. Abonnenten der Eßlinger Zeitung konnten sich nun während einer der Exklusiv-Führungen über die Entstehung der bewegten Bilder informieren. Als zusätzliches Highlight stand im Anschluss Jan Gulbransson Rede und Antwort zu Fragen rund um die Trickzeichnung. Der 59-jährige Münchner ist einer der wenigen deutschen Comiczeichner, die für den Disneyverlag arbeiten. Er wurde sogar als erster deutscher Disneyzeichner mit dem vierten Band der Ehapa-Reihe „Hall of Fame“ ausgezeichnet. Auf Wunsch der EZLeser signierte Gulbransson die Bände und machte sie mit einer lockeren Skizze zum Unikat.
In 90 Minuten gab der ehemalige Produktions-Student Frieder Scheiffele einen Einblick in die Entstehung von Trickfi lmen. Dabei unterscheidet der Fachmann zwischen Puppen-, Zeichen- und Computertrickfilm. Scheiffele erklärte, wie die Bilder laufen lernen, und er zeigte den langen Weg auf, bis ein Trickfilm fertig ist. Drei bis vier Jahre, verriet Scheiffele, benötigt ein guter Trickfilm.
Am Ende der Führung verstanden die Besucher, weshalb das so ist. Schließlich sind 24 Bilder pro Filmsekunde nötig. Bei eineinhalb Stunden Spieldauer kommt da eine Menge Filmmaterial zusammen, das hintereinander abgespult die Illusion der Bewegung vermittelt. Letztlich verhält sich das ähnlich wie beim guten alten Daumenkino, wo aufeinanderfolgende Zeichnungen beim schnellen Durchblättern als Animation erscheinen.
In der Herstellung steckt viel Arbeit
Am Anfang jeder Produktion steht die Idee. Ohne den zündenden Funken läuft gar nichts – das wird im Ideenraum deutlich. Dort baumeln ein kleiner Batman, ein Plüschnilpferd, Schirm, Tennisschläger und eine CD von der Decke. Das alles sind Utensilien, die in einem der Filme, die während der Führung gezeigt werden, irgendeine Rolle spielten. Der Mini-Batman beispielsweise ist der Held in Stefan Schomerus Streifen „Bätmän lebt“. Anhand der Gipsfi gur und der benötigten Styroporkulissen erklärte Scheiffele, wie viel Arbeit in der Herstellung eines Puppentrickfi lms steckt. Wie aufwändig es ist, Kameraführung und Beleuchtung professionell hinzubekommen, durften die Kinder selbst ausprobieren. Lernen kann man das alles in den verschiedenen Studiengängen der Filmakademie.
Das Storyboard, das auf Grundlage des Drehbuchs erstellt wird, verdeutlicht, wie die Geschichte von Captain Bligh“ abläuft. Regisseur Derek Roczen hat auf den vielen Einzelbildern festgehalten, wie er sich den Zeichentrickfi lm der kriegsmüden Kanonenkugel von den Animatoren wünscht. Auf dem Leuchttisch probierten die Kinder selbst, die Kanonenkugel mit Gesicht zu zeichnen. Indem immer wieder ein Papier über das untere gelegt und das Gesicht mit verschiedenem Ausdruck durchgezeichnet wird, entstehen viele Seiten, die durchgeblättert die Bewegung vermitteln.
Das dritte Genre ist der Computertrickfilm. Johannes Weiland hat auf Grundlage eines Sketchs des Comedyduos Badesalz den 3-D-Animationsfilm „Hessi James“ geschaffen. Nach einigen Erläuterungen über die Feinheiten im trickreichen Gewerbe stellten die Nachwuchsfilmemacher selbst eine Sekunde Trickfilm am Strand von Ludwigsburg her. Zwei Animatoren mussten Plüschdelfi ne bewegen, ein Regisseur gab Anweisungen, wann der Helfer am Computer die Bilder auszulösen hatte, und viele Statisten hatten das Strandbild zu bevölkern: „Kamera ab, bitte.“ Mindestens genau so spannend waren die Schilderungen vom Werdegang eines Comiczeichners. Jan Gulbransson erzählte, wie er seinen Traumberuf erlangte und es schließlich sogar schaffte, 1981 beim holländischen Disney-Verleger Oberon unterzukommen. Seither zeichnet Gulbransson unter anderem die Ente mit dem eigenwilligen Charakter. An Donald schon viele gescheitert „Donald ist die am schwersten zu zeichnende Comicfi gur“, gesteht der Münchner, „an ihm sind schon viele gescheitert.“ Für Gulbransson ist es eine ständige Herausforderung, spannende Geschichten um den kauzigen Erpel zu erzählen. Besonders Donalds Lebensmotto hat’s ihm angetan: „Du hast keine Chance, aber nutze sie.“