Quelle: Unbekannt

Von Maria Krell

Ein Kollege hat mir die Augen geöffnet. In einem Artikel verwendete er das Sprichwort: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.“ Das „H“ in „mahlt“ hielt ich zuerst für einen Flüchtigkeitsfehler, denn in meiner Vorstellung spielte sich die Redewendung wie folgt ab: Mehrere Maler rannten, mit ihrer Leinwand unter dem Arm geklemmt, Pinsel und Farben in den Händen, zu einer Burgruine, bauten hektisch ihre Staffelei auf und malten drauflos.

Tja falsch gedacht, wies mich besagter Kollege hin: Das Sprichwort bezieht sich auf die mittelalterliche Mühlenordnung. Wer zuerst mit seinem Getreide zur Mühle kam, dessen Korn wurde auch - ganz demokratisch - zuerst gemahlen.

Ich habe anscheinend einen Hang zum Falschverstehen von Sprichwörtern oder Redewendungen: Als Kind stellte ich mir beim Spruch „Sex, Drugs and Rock 'n' Roll“ lange vor, wie bejubelte Rockstars mit großen Trucks zu ihrem Auftritt fuhren und wunderte mich in kindlicher Naivität darüber, welche Verbindung wohl zwischen Rockmusik und dem Fahren von großen Lastern bestehe. Für meine absurde These fanden sich sogar Argumente, die Sinn im Unsinn stifteten: Sangen nicht schließlich Rock-Legenden wie die Beatles („Drive my Car“), Chuck Berry („No Particular Place to Go“), The Rolling Stones („Black Limousine“) und Led Zeppelin („Trampled Under Foot“) über ihre Leidenschaft fürs Fahren, Autos, Frauen?

Mit meinen Falschverstehern bin ich zum Glück nicht alleine. Es gibt zahllose Foren und Seiten im Internet, die sich ausschließlich mit dem Missverstehen von Texten beschäftigen, der Journalist Axel Hacke hat diesem Phänomen sein mittlerweile dreibändiges Werk „Der weiße Neger Wumbaba“ gewidmet. Er erwähnt dort ein Lied, dessen Text ich, wie viele andere, ebenfalls komplett falsch verstanden hatte: In der ersten Strophe des Liedes „You Sexy Thing“ von Hot Chocolate hörte ich immer „I believe in Malcolm“ - wer auch immer dieser Malcolm sei - statt „Miracles“. Witziger noch die Verhörer manch anderer, die im zweiten Teil des Verses statt „you sexy thing“ „you saxophone“ verstanden.

Tja, es heißt ja so schön: Irren ist menschlich . . . oder?