Starr und stumm steht der Hauptdarsteller auf der Bühne. Sein Blick schweift ins Leere. Im Zuschauerraum herrscht gespanntes Schweigen. Dann geht das Licht aus. Alles klatscht. Dumm nur, dass der Theaterabend noch gar nicht aus ist. Beschämt schauen einige Zuschauer zu Boden. Augenblicke später sind Scheinwerfer und Blicke wieder auf den verdatterten Mann gerichtet, der nun noch stramme fünf Minuten über Sinn und Unsinn des Lebens philosophiert.
Schlussapplaus ist eine Kunst. Zumal in Zeiten des postdramatischen Theaters, in dem Handlungskurven nicht mehr ganz so klar auszumachen sind. Da wird selbst das Klatschen zur Herausforderung. Manch ein Zuschauer ist verunsichert, schaut erst mal ganz genau, was die Expertin mit dem Opernglas auf dem Platz nebenan macht. Wenn die mit den Füßen stampft und applaudiert, darf geklatscht werden. Andernfalls könnte es peinlich werden. Vorbei sind die Zeiten, als noch texttreu inszeniert wurde. Da sinnierte der Fürst in Shakespeares „Romeo und Julia“ über den „düstren Frieden“ und die traurige Geschichte der Liebenden - und flugs war alles vorbei.
Smartphone und Co. machen es den modernen Menschen auch nicht mehr ganz so einfach, Schauspielern am Ende der Vorstellung mit Händen und Füßen den Applaus zu zollen, den sie verdienen. Kaum ist der zweieinhalbstündige Theaterabend vorbei, zückt eine beträchtliche Zahl von Zuschauern erst mal das Handy. Und schon werden Mails und Facebook-Likes gecheckt. Rein theoretisch könnte man sich beim Kunstgenuss zwar mal den Luxus der Unerreichbarkeit gönnen. Aber wer will denn schon mehr als zwei Stunden für die Außenwelt entbehrlich sein?