Quelle: Unbekannt

Von Oliver Stortz

Die Sache mit dem Ohrenlid ist ärgerlich. Ohrenlid? Ja, genau: Ohrenlid. Jener praktische Körperteil, den der liebe Gott bei der Erschaffung des Menschen leider weggelassen hat. Dabei wäre es so eine feine Sache, könnte man den Gehörgang mittels eines Klappmechanismus’ selbstbestimmt verschließen. Und so alles ausblenden, was zwar hörbar, aber nicht hörenswert ist. Analog zum Augenlid eben: dem gepriesenen Hautfaltenrollo mit dem filigranen Wimpernschmuck, das einem im Laufe eines Lebens so einiges mit ansehen zu müssen erspart. Dabei war das Augenlid ursprünglich bloß gedacht, um die mimosenhafte Netzhaut vor gleißender Sonnenstrahlung zu schützen - „Dschungelcamp“, Abwehr des VfB Stuttgart und ähnliche visuelle Zumutungen, vor denen man lieber die Augen verschließt, gab es ja noch gar nicht am sechsten Tag der Schöpfung, als der Mensch Mensch ward. Das Licht - wir erinnern uns an den Konfirmationsunterricht - aber sehr wohl.

Dem Trommelfell ist es in seiner schattigen Höhle natürlich einerlei, ob draußen die Sonne scheint oder nicht - da die am Firmament ja weder quietscht noch knallt. Unzumutbarer Lärm war auf Erden scheints einfach nicht vorgesehen. Folglich wurde auf das Ohrenlid verzichtet.

Dass der Mensch viel später den Presslufthammer, das Großraumbüro und die Volksmusik erfinden würde, konnte ja nicht mal der Allmächtige ahnen.