Quelle: Unbekannt

Von Gerd Schneider

Die Eßlinger Zeitung hat ihre Redaktion umgebaut und haust jetzt in einem sogenannten Newsroom. Man muss sich das wie ein Großraumbüro vorstellen. In der Mitte steht ein langer Tisch, wo alle Themen, Nachrichten und Informationen zusammenlaufen: ob lokal, regional oder überregional, ob Online oder Print, wie man das bedruckte Papier jetzt nennt. „Zeitung aus einem Guss“, so hat der Chefredakteur bei seinen Mitarbeitern für den Newsroom geworben. Was er allerdings unterschätzt hat, ist der Einfluss des Fußballgeschehens auf die Stimmung an Newsdesk. Denn unter den Redakteuren, die dort sitzen, sind einige hartgesottene Fußballfans, das heißt: Ihre Stimmung ist Schwankungen unterworfen. Starken Schwankungen. Eigentlich sind die Kollegen ständig deprimiert. Denn sie hängen leider nicht dem FC Bayern an, Borussia Dortmund oder Bayer Leverkusen. Nein, sie brennen für den VfB. Anders gesagt: Sie müssen leiden. Ohne Unterlass. Abstieg, Trainer weg, Präsident weg, Vorstand weg, Sportdirektor weg, neuer Trainer, neuer Sportvorstand, Trainer weg, neuer Trainer. Und so weiter. Und überhaupt: Zweite Liga, welche Schmach!

Wie soll man mit Kollegen, die wie Trauerklöße durch die Gegend wanken, heiter und beschwingt Zeitung machen? Wie kann Kreativität gedeihen in einem Klima voller Schmerz und Hoffnungslosigkeit? Erschwerend kommt hinzu, dass der einzige Kollege am Newsdesk, der sich nicht zum VfB bekennt, Schalke-Anhänger ist. Sie wissen schon: Schalke Nullfünf - fünf Spiele, null Punkte.

Ab und zu kommt der Chefredakteur vorbei, um die traurigen Gestalten an seinem Newsdesk aufzurichten und ein bisschen Frohsinn zu verbreiten. Das Ergebnis seiner Bemühung, so viel sei verraten, ist bescheiden. Was ehrlich gesagt auch niemanden verwundert. Wie soll jemand, in dessen Büro hinter der Tür verschämt ein Wimpel des designierten Drittligisten 1. FC Nürnberg hängt, gute Laune verbreiten?