Quelle: Unbekannt

Von Roland Kurz

Als Glossenschreiber hat man immer zwei Möglichkeiten. Entweder man haut mit der Keule direkt drauf oder man greift zur Ironie und lobt über den grünen Klee, was einen nervt. Ein Beispiel: Zum Glück stoßen viele moderne Automotoren nur noch 120 Gramm CO2 aus (Die 40-prozentige Mogelpackung der Autohersteller unterschlagen wir der Einfachheit halber). Deshalb lohnt es sich heute selbst beim Sechs-Zylinder kaum noch, den Zündschlüssel umzudrehen, wenn man auf die Frau wartet, die geschwind eine Brezel beim Bäcker kauft. Mit diesem Schreibstil riskiert man jedoch, dass der so hinterhältig getroffene Autoliebhaber die Zeitung ins Altpapier wirft und auf die - wie immer - voreingenommenen Medien schimpft: Dieser ahnungslose Schreiber, wahrscheinlich so ein grüner Rad- und Bahnfahrer, hat einfach nicht berücksichtigt, dass ein Auto im Winter geheizt werden und im Sommer die Klimaanlage laufen muss.

Also kann der Schreiber gleich zum rhetorischen Säbel greifen und auf die Bequemlichkeit und Gedankenlosigkeit eindreschen. In Marrakesch sitzen die Umweltminister aus der ganzen Welt am Tisch und überlegen, wie man manche Länder vor dem Absaufen und andere vor dem Austrocknen bewahren kann. Hierzulande jammert man über die immer schlimmer und häufiger werdenden Unwetter. Und Stuttgart kämpft gegen den Feinstaub. Ist es da zu viel verlangt, den Motor auszumachen, wenn man voraussichtlich länger als 20 Sekunden warten muss? So empfiehlt es der ADAC, der nicht gerade als autofeindlich gilt. Die zusätzliche Belastung für Anlasser und Batterie sei bei warmem Motor „vernachlässigbar gering“, so der ADAC.

Mag sein, dass die zwei Fingerhüte Benzin, die man durchs Ausschalten spart, das Weltklima nicht retten. Aber jeder Autofahrer ist doch ab und zu auch Fußgänger und riecht, dass aus einem Auspuff keine Reinluft strömt. Doch offensichtlich tritt bei Menschen, sobald sie ins Auto steigen, eine partielle Demenz auf. Dagegen hilft ein Aufkleber am Armaturenbrett: „Hirn einschalten, Motor ausschalten.“

So, nun ist genug Moralin ausgeschüttet. Nur noch ein Problem ist ungelöst: Soll ich morgen früh meinen Nachbarn noch einmal freundlich darauf hinweisen, dass es dem Motor schadet, wenn er sein Cabrio startet und danach erst mal die Scheiben frei kratzt? Er ist ein richtig sympathischer Kerl, hat bloß einen Fehler: Er ist ein Auto-Freak.