Quelle: Unbekannt

Von Maria Röhl

Aus den Geschäften weht warme stickige Heizungsluft, und die Leute tragen dicke Schals und Mützen. In den Eingängen sammeln sich vor einigen Tagen noch Pfützen aus Regenwasser, das den Leuten von den Schuhen tropft. Durch eine solche Pfütze stapfe ich, als ich den Laden betrete, auf der Suche nach Salbeitee. Doch das erste, was ins Auge fällt, ist kein Salbeitee, sondern jede Menge goldenes Einwickelpapier. Verziert mit einer roten, braunen oder weißen Schleife - inklusive Glöckchen. Sie sind wieder da. Die berühmt berüchtigten Schokohasen besetzen die Regale und erinnern uns daran, dass heutzutage größtmöglicher Gewinn das Hauptziel ist.

Denn wie unschwer an der beschriebenen Kleidung zu erkennen ist, ist Ostern noch ein Weilchen entfernt. Doch das stört die Geschäftsbesitzer herzlich wenig; Schokolade verkauft sich immer gut, Hasen kommen noch besser an, und den ganz Eifrigen bietet sich so die Gelegenheit, sämtliche Ostergeschenke schon Wochen früher zu besorgen. Dasselbe Problem tritt auch im Herbst auf: Während man im T-Shirt die letzten warmen September-Tage genießt, blinzeln einem die Schoko-Weihnachtsmänner in den Läden zu, direkt neben den Adventskalendern.

Wo bleibt da die Vorfreude? Wir sind es mittlerweile gewohnt, immer das zu bekommen, was wir wollen - und zwar genau dann, wenn wir es wollen. Und wenn wir im Januar Lust auf Schokohasen bekommen oder zum Abschluss der Sommerferien ein paar Spekulatius knuspern wollen, soll das auch bitteschön möglich sein. Gäbe es eine Petition, all diese Dinge erst wieder zu angemessener Zeit in die Läden zu bringen, ich würde als Erste unterschreiben. Aber wer weiß: Vielleicht rufe ich sie ja selbst ins Leben . . .