Aus Sicht vieler Berkheimer braucht es Rewe plus Steg, um das Zentrum und damit auch die Läden in der Ortsmitte langfristig zu sichern. Foto: Kaier Quelle: Unbekannt

Von Claudia Bitzer

Heidrun Förster steht mit ihrem Einkaufstrolley an der Ecke Kronen-/ Köngener Straße. Seit 50 Jahren lebt die 72-Jährige in Berkheim - immer noch gerne. Auch wenn von drei Schuh- und zwei Bekleidungshäusern keines mehr da ist, wie sie erzählt. Aber Bäcker- und Metzgerläden sind vor Ort, „viel Gastronomie“, ein Optiker, ein Schreibwarengeschäft, ein Blumenladen, ein Gardinengeschäft, eine Apotheke, Friseure und Banken, zählt sie auf. „Vor allem ärztlich sind wir gut versorgt hier“, meint sie. „Nur der Rewe ist zu klein.“ Der einzige Supermarkt in dem 8000-Einwohner-Stadtteil hat seit ein paar Tagen auch wieder eine Monopolstellung in Sachen Obst und Gemüse im Ortszentrum. Der kleine Laden in der Dürrbeundstraße hat dicht gemacht, bedauert Apotheker und Bürgerausschuss-Mitglied Dietmar Frey.

Die Zeiten, in der die Kronenstraße noch als Einkaufsmeile galt, „sind schon lange her“, sagt Silke Merchel, Mitarbeiterin in der Kronen-Bäckerei Unrath im nördlichen Teil der Straße. „Wir sind hier mittlerweile schon ein bisschen weg vom Schuss, hier kommen nur noch die Post und ein Friseur.“ Mit der „Panaderia“ hat Unrath aber eine Filiale neben dem Laden- und Geschäftszentrums entlang der Köngener Straße eröffnet.

„Auch in unserem Stadtteil sind die Läden weniger geworden. Umso wichtiger ist es, Rewe langfristig zu halten. Ansonsten sind die Berkheimer bis auf einen fehlenden Drogeriemarkt ganz zufrieden“, weiß auch Aglaia Handler, Vorsitzende der ehrenamtlichen Stadtteilvertreter.

Rewe ist der größte Laden in einem Wohn- und Geschäftsensemble mit der Adresse Köngener Straße 3-7. Das „Zentrum Berkheim“ ist perfekt in die Topografie des Geländes eingepasst. „Wir haben damals den Realisierungswettbewerb gewonnen“, erzählt Architekt Dieter Raichle, der mit der Project GmbH in dem Gebäudekomplex selbst und auf der anderen Seite des Stegs Büros hat. Der Gebäudekomplex entstand noch zu Zeiten der Berkheimer Selbstständigkeit - also vor 1974. Er beherbergte das Rathaus der noch autonomen Kommune und war ein modernes Glanzstück mit seinen kleinen Läden auf unterschiedlichen Ebenen, einer überschaubaren Tiefgarage und umso großzügigeren Wegen und Treppen. Das alles macht es heute aber so schwierig, größere Flächen für den mit 450 Quadratmeter eher kleinen Rewe im Hanggeschoss zu erschließen. Zumal die Stadt mit dem Berkheimer Rathaus und der Stadtteilbücherei nur eine von rund zehn Teileigentümern allein im Gebäudeteil Köngener Straße 3 ist.

Die Project GmbH hat nun Möglichkeiten gesucht und offenbar auch gefunden, für Rewe das Doppelte an Fläche dort herauszuholen - wenn die anderen Teileigentümer und die Nachbarn mitziehen. Raichle: „Denn wenn Rewe wegzieht, ist das der Tod auch für die anderen Läden im Zentrum.“ Die Esslinger Wohnungsbau GmbH (EWB,) die als Projektentwicklerin auftritt, wäre bereit, sich auch als Investorin zu engagieren - wenn sich die Pläne rechnen und sich in einem mehrgeschossigen höheren Gebäude im nordwestlichen Teil des Ensembles Eigentumswohnungen realisieren ließen. Derzeit laufen erste Gespräche.

Ein positives Ergebnis wäre so wichtig für das „Zentrum Berkheim“, sagt Apotheker Frey, der sein Geschäft nur einen Steinwurf entfernt ebenfalls in der Ortsmitte hat. Mehrmals habe man versucht, für Rewe eine Lösung zu finden - bevorzugt im Zentrum des Stadtteils. Seit den Pfingstferien des vergangenen Jahres habe der Bürgerausschuss dann aber nichts mehr gehört - umso freudiger begrüßt Frey, dass es offenbar doch vorwärts geht.

„Tod auf Raten“

Der Bürgerausschuss hat aber nicht nur die Sorge, dass mit Rewe das kommerzielle Zugpferd des Zentrums auf lange Sicht davon galoppieren könnte, wenn man ihm nicht genug Auslauf bietet. Auch die Stadt macht ihm Kummer, die den maroden Steg über die Köngener Straße abreißen will. Der verbindet den Süden des Stadtteils barrierefrei mit dem oberen Teil des Zentrums, also der Bücherei und einem Café. Sein Ende beschere dem Zentrum den „Tod auf Raten“, sagen Frey und Architekt Raichle. Im Rathaus verweist man darauf, dass auch mit Steg nur ein kleiner Teil des Zentrums barrierefrei zugänglich sei und es mit dem Auslaufen der Kurve am Rainweg oder den Treppen beim Steg ja eine Alternative gebe. „Der Steg ist gerade für ältere Leute sehr wichtig. Wenn man die Kurve auslaufen muss, zieht es sich doch sehr“, betont indessen Passantin Heidrun Förster. „Das ist zudem ein sicherer Weg für die Kinder in die Schule und in den Kindergarten.“

Und so hat man im Stadtteil mit Interesse, aber auch mit einer klaren Erwartungshaltung die Ankündigung von EWB-Geschäftsführer Hagen Schröter vernommen, dass es bei einer wirtschaftlichen Lösung für das Zentrum vielleicht auch einen neuen Steg geben könnte.