Ins Pflegeheim wird man von der Weiherstraße aus gelangen. An den transparenten Zwischenbau schließen sich zu beiden Seiten die Zimmer an. Quelle: Unbekannt

Von Dagmar Weinberg

Ein offenes Haus

Das Oberesslinger Pflegeheim bietet 56 Seniorinnen und Senioren in Einzelzimmern Platz. Ein Zimmer misst inklusive des Sanitärbereichs rund 22 Quadratmeter. In dem neuen Pflegeheim, in das die Stadt knapp 8,7 Millionen Euro investiert, werden drei Hausgemeinschaften mit je 15 sowie eine Gruppe mit elf Mitgliedern leben. In dem mehrstöckigen Gebäude an der Ecke Breslauer Straße/Weiherstraße wird auch eine Tagespflege mit zwölf Plätzen untergebracht. An das Foyer, das man von der Weiherstraße aus erreicht, schließt sich ein Café an, in dem neben Kaffee, Kuchen und anderen Leckereien auch ein Mittagstisch angeboten wird. Das Essen kommt aus der Zentralküche im Altenpflegeheim Obertor. „Das Café ist ein ganz wichtiger Bestandteil“, sagt Thilo Naujoks, Geschäftsführer des Eigenbetriebs Städtische Pflegeheime. „Denn wir möchten ein offenes Haus, in dem auch jüngere Menschen aus dem Stadtteil ein- und ausgehen.“ In der Tiefgarage gibt es Platz für 15 Autos. Vor dem Haus sollen noch einige weitere Stellplätze entstehen.

Von der Decke im Foyer des künftigen Oberesslinger Pflegeheims baumeln jede Menge fein säuberlich zusammengerollte Elektrokabel. Sie signalisieren, dass es nach der erfolgreichen Abnahme des Rohbaus jetzt mit dem Innenausbau zügig vorangeht. „Ich finde es immer wieder faszinierend, dass die Elektriker am Ende noch wissen, welches Kabel zu welchem Lichtschalter und zu welcher Steckdose gehört“, sagt Thilo Naujoks während er die Kabelstränge betrachtet. Da die Handwerker bisher „super gearbeitet haben und wir beim Rohbau keine unliebsamen Überraschungen erlebt haben“, ist der Geschäftsführer der Städtischen Pflegeheime zuversichtlich, dass er und die künftige Heimleiterin Ludmilla Keilmann Mitte des nächsten Jahres die ersten Bewohnerinnen und Bewohner in dem neuen Domizil begrüßen werden. Ursprünglich war geplant, das Haus schon Ende diesen Jahres zu eröffnen. Weil sich der Abriss des ehemaligen Ladenzentrums an der Ecke Weiherstraße/Breslauer Straße aber hingezogen hat, „konnten wir erst später mit dem Bau beginnen“ - worüber Thilo Naujoks im Augenblick nicht gerade traurig ist.

Schwierige Suche nach Fachkräften

Da das neue Pflegeheim in Hohenkreuz im Spätherbst bezogen werden soll, suchen der Geschäftsführer und sein Team zurzeit mit Hochdruck für diesen Standort Personal. „Das ist eine riesengroße Herausforderung und ich bin froh, dass ich nicht gleich für zwei Heime auf die Suche gehen muss.“ Weniger Probleme bereite es, für den hauswirtschaftlichen Bereich und die Betreuung Fachpersonal zu finden. „Doch im Bereich der examinierten Altenpflegerinnen und -pfleger oder auch der Krankenschwestern ist der Markt komplett leer gefegt, und zwar bundesweit.“ Umso wichtiger sei es, selbst vorzusorgen. So haben die Städtischen Pflegeheime schon vor einiger Zeit die Zahl ihrer Ausbildungsplätze erhöht. Zudem bilden sie zurzeit einige Geflüchtete zu Altenpflegehelfern aus und haben mit ihrem Italienprojekt, das gemeinsam mit dem Internationalen Bund (IB) organisiert wurde, gute Erfahrungen gemacht. „Aber all diese internationalen Projekte sind nur kleine Mosaiksteine und lösen das quantitative Problem nicht“, verdeutlicht Thilo Naujoks.

Da sich das Wohnen in Hausgemeinschaften, mit dem man 2006 in der Pliensauvorstadt an den Start gegangen ist, bewährt hat „und inzwischen sogar im baden-württembergischen Landespflegegesetz verankert ist“, werden auch in Oberesslingen sowie in Hohenkreuz Hausgemeinschaften gegründet. „In unseren beiden neuen Heimen setzen wir aber ein neues Pflegeorganisationsmodell um“, erklärt der Geschäftsführer. So wird es dort neben einem zentralen Pflegedienst als neues Berufsbild Präsenzkräfte geben, die den Haushalt und den Alltag in den Hausgemeinschaften organisieren und deren Mitglieder in die verschiedenen Tätigkeiten einbeziehen.

Gemeinsam kochen

Hauptaktionsfeld der Präsenzkräfte wird der transparente Zwischenbau sein, der die drei versetzt angeordneten Kuben des neuen Pflegeheims miteinander verbindet. Denn in den Stockwerken über dem Foyer werden die großen Gemeinschaftsräume der Wohngruppen und Küchen samt Hauswirtschaftsraum untergebracht. „Unser Ziel ist es ja, die Bewohner so weit wie möglich in den Alltag einzubeziehen. Und da ist es gut, wenn nicht nur die Küche, in der gemeinsam gekocht wird, sondern auch der Hauswirtschaftsraum zentral liegt“, erklärt Thilo Naujoks.

Dass das neue Pflegeheim den Oberesslingern so sehr am Herzen liegt, dass sich bereits ein Förderverein gebildet hat, freut ihn und Ludmilla Keilmann. „Wenn man so willkommen ist, erleichtert das die Arbeit sehr“, sagt die künftige Heimleiterin. Dass ihr neuer Arbeitsplatz transparent und lichtdurchflutet ist, gefällt der ausgebildeten Krankenschwester, die seit 2001 im Pflegeheim Obertor arbeitet. Sie hat sich im Laufe der Jahre immer wieder fortgebildet, die Leitung eines Wohnbereichs übernommen und ist seit zwei Jahren stellvertretende Pflegedienstleiterin im Obertor. An ihrem künftigen Arbeitsplatz findet sie „besonders schön, dass die alten Bäume hinter dem Haus erhalten wurden, sodass man auch ein bisschen spazierengehen kann.“