Jens Grahl macht sich im Training des VfB Stuttgart lang. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Sigor Paesler

Stuttgart - Jens Grahl ist ein zurückhaltender und freundlicher Mensch. Ihn drängt es nicht in den Vordergrund. Um so überraschender war es für den Torhüter, als er im März 2015 von den Fans des Fußball-Bundesligisten 1899 Hoffenheim zum Spieler des Monats gewählt wurde. Er war Anfang des Monats beim 2:0-Sieg im DFB-Pokal beim VfR Aalen zwischen den Pfosten gestanden. Es war sein zweiter und letzter Auftritt in jener Saison, der einzige über 90 Minuten. Es zeigt: Auch Spieler aus der zweiten Reihe können bei den Anhängern beliebt sein.

In der vergangenen Runde kam Grahl nur auf einen einzigen Einsatz am letzten Spieltag gegen den FC Schalke 04 (1:4), 29 Mal saß er 90 Minuten lang auf der Bank. Auf dem Platz stand Oliver Baumann. Davor war es Coen Casteels.

Die zweite Reihe wird der 27-Jährige jetzt auch beim Absteiger VfB Stuttgart besetzen, wohin Grahl nach sieben Jahren und zwölf Ligaspielen in Hoffenheim gewechselt ist. Wenn es gut läuft. Denn der 1,93-Meter-Mann streitet sich mit dem fünf Jahre jüngeren Benjamin Uphoff, in der abgelaufenen Saison Stammkeeper des Stuttgarter Drittligateams, um den Platz als Nummer zwei. „Ich will mit dem Verein aufsteigen und hoffe, das eine oder andere Spiel zu machen“, sagt er. Und betont: „Ich bin nicht umsonst hier. Ich war in Hoffenheim die Nummer zwei. Wenn ich gebraucht wurde, war ich da. So wird es, denke ich, auch hier sein.“

Weiß er schon mehr? Oder spricht aus dieser Aussage das Selbstbewusstsein heraus, zumindest im internen Duell mit Uphoff vorne zu liegen? Torwarttrainer Marco Langer sagt nur so viel: „Mitch ist die klare Nummer eins.“ Der frühere Dortmunder Mitchell Langerak ist also gesetzt, auf eine Nummer zwei will sich Langner noch nicht festlegen. Auch nicht darauf, ob der zukünftige dritte Torwart im in die Regionalliga abgestiegen zweiten VfB-Team zum Einsatz kommen wird.

Kein „Kahn-Lehmann-Verhältnis“

Grahl ist den Konkurrenzkampf gewohnt. Und hält ihn gerne auf dem Platz. „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis“, sagt er - und man kann sich auch kaum vorstellen, dass irgendjemand nicht mit ihm zurechtkommt. „Das klassische Kahn-Lehmann-Verhältnis gibt es heute nicht mehr“, erklärt er. „Training ist Training und privat ist privat.“

Langner hält die Mischung für ideal: Der unumstrittene Langerak, Grahl als erfahrene und zuverlässige Ersatzkraft und der talentierte Uphoff. „Wir wollen aufsteigen. Mit nur zwei Torhütern in die Saison zu gehen, wäre blauäugig“, sagt Langner und lobt den Neuen: „Er ist ein guter Typ, ein positiver Mensch. Er passt gut ins Team.“

Wobei Grahl gar nicht so neu ist. Er ist in Stuttgart geboren und hat bis zum Jahr 2005 in der VfB-Jugend gespielt. Über die Stuttgarter Kickers kam er zur SpVgg Greuther Fürth, wo er in der Saison 2008/2009 Stammtorhüter der zweiten Mannschaft war. Anschließend ging es nach Hoffenheim.

Als sich Grahl im Sommer Wechselgedanken machte, lag Stuttgart trotz anderer Angebote nahe. „Trainer Jos Luhukay hat mir den VfB schmackhaft gemacht“, sagt er, gibt aber zu, dass seine Familie in Stuttgart auch ein wichtiger Grund war. Seine Frau stammt aus Neuffen, vor zwei Wochen kam Söhnchen Lennox zur Welt - weshalb Grahls Welt im Moment ohnehin sehr in Ordnung ist.