Fallen, aber wieder aufstehen. Christian Gentner (vorne, bedrängt von Felix Bastians) und der VfB durchlaufen eine kleine Schwächephase. Foto: dpa - dpa

Von Sigor Paesler

Stuttgart – Hannes Wolf ließ keinen Zweifel daran, dass er den Rückschlag nicht gebraucht hätte. Da es nun aber so gekommen ist und der von ihm trainierte Fußball-Zweitligist VfB Stuttgart gegen den VfL Bochum 1:1 gespielt und damit im zweiten Spiel in Folge nur einen Punkt geholt hat, nutzte er die Gelegenheit und erklärte, warum er sich in seiner Einschätzung bestätigt sieht: „Ich habe in keiner Sekunde gedacht, dass wir schon so weit sind, wie das von außen gesehen wird. Trotzdem denke ich, dass wir das schaffen.“

Zwei Sätze, in denen alles steckt, was die momentane Situation des Spitzenreiters ausmacht: Es wird ein harter Kampf bis zum Schluss, aber der VfB hat nach wie vor beste Aussichten, im Mai den Wiederaufstieg in die Bundesliga zu feiern. „Trotzdem denke ich, dass wir das schaffen“ – ein selten deutliches Bekenntnis des Trainers. Den warnenden Finger hatte der 35-Jährige auch schon gehoben, als die Mannschaft mit 2:0 gegen den 1. FC Kaiserslautern oder mit 1:0 beim FC St. Pauli gewonnen hatte. In diesen Begegnungen wären auch weniger als die drei Punkte möglich gewesen. Genauso hätte der VfB auch gegen Bochum gewinnen können. Und verlieren.

Doch unterm Strich war das 1:1 gegen den starken VfL gerecht. Und es fühlte sich ganz anders an als das gleiche Ergebnis vier Tage zuvor in Braunschweig. Da hatten die Stuttgarter in Unterzahl ein Unentschieden verteidigt. Gegen Bochum hatten sie Probleme mit der Spielweise des Gegners, obwohl der genau das auf den Platz brachte, was zu erwarten war: frühes Pressing, harte Zweikämpfe und schlaue Konter. Das immerhin nahm Wolf mit Humor: „Selbst wenn du es weißt, reicht es nicht. Mannschaften, die gegen Bayern spielen, wissen auch, wie sie es machen, und bekommen trotzdem Probleme.“

Trainer und Spieler wissen, woran sie arbeiten müssen. Wolf ärgerte sich vor allem über das Zweikampfverhalten in der Anfangsphase. Die Mannschaft habe die Zweikämpfe nicht verloren, „wir haben sie gar nicht geführt.“ Und Kapitän Christian Gentner bemängelte: „Wir haben stellenweise zu schlampig gespielt und waren in unseren Aktionen einfach nicht klar und präzise genug. Da müssen wir aufpassen, dass sich das nicht einschleicht.“ Wer nachlässt, verliert. Noch ist das im Jahr 2017 nicht passiert.

An der Spitze geht es eng zu

Auch individuell gibt es ein paar Durchhänger, die im breit besetzen VfB-Kader jedoch einigermaßen aufgefangen werden können: Durch den frühen Wechsel von Anto Grgic zu Matthias Zimmermann stabilisierte Wolf die Defensive. Top-Stürmer Simon Terodde blieb ohne Treffer, erarbeitete sich nur eine hochkarätige Chance und bereitete mit einem Geistesblitz das 1:1 vor – das der eingewechselte Daniel Ginczek erzielte. Takuma Asano agierte erneut engagiert, aber wenig effektiv – nach seiner Einwechslung nutzte Alexandru Maxim seine Chance jedoch nicht. Dafür zeigte der alte Haudegen Gentner im Mittelfeld eines seiner stärksten Spiele dieser Saison.
An der Tabellenspitze geht es wieder enger zu. Hannover 96 hat nach einer Schwächephase und internen Querelen wieder gewonnen und als Dritter vier Punkte Rückstand auf den VfB, Eintracht Braunschweig kann mit einem Sieg heute in Düsseldorf auf fünf Zähler herankommen. Überraschender Zweiter (Wolf: „Nicht für mich“) ist nach fünf Siegen in Serie oder 19 Punkten aus sieben Spielen Union Berlin. Zwei Zähler sind es nur noch bis zum Tabellenführer VfB.

Noch ist aus zwei Spielen ohne Sieg kein Trend abzulesen. Andererseits war der Auftritt gegen Bochum einer der schwächeren der Saison. Wenn nun wieder bessere Leistungen und vor allem Ergebnisse folgen, wird in Bezug auf den Aufstieg alles gut. „Man kann sich sicher sein: Keiner im Team glaubt ernsthaft, dass wir schon etwas erreicht haben und uns ausruhen können“, erklärt Sportvorstand Jan Schindelmeiser. Wolf sagt: „Wir hätten gerne ein besseres Spiel geboten. Aber wir haben wieder nicht verloren.“ Der Trainer lässt keinen Zweifel daran, weiter harte Arbeit von den Spielern einzufordern und die Lage realistisch einzuschätzen. Aber auch nicht schlechter, als sie ist.