Von Sigor Paesler
Stuttgart – Seit Hannes Wolf Trainer des VfB Stuttgart ist, ist es besonders schwer, bei der Rubrik „So wollen sie spielen“ vor einer Begegnung des Fußball-Zweitligisten richtig zu liegen. Es ist nicht so, dass der gerade 36 Jahre alt gewordene Coach die Startelf jedes Mal wild durcheinanderwirbelt. Aber er nimmt immer wieder kleine Veränderungen taktischer und personeller Natur vor. Teilweise unerwartete Veränderungen. Auch für den Gegner. Egal, ob die Mannschaft ihn durch eine schwache Leistung zum Nachdenken gebracht oder ob sie überzeugt hat wie zuletzt beim 3:1 im Spitzenspiel gegen den 1. FC Union Berlin.
Am Samstag (13 Uhr) in der Partie beim Mittelfeldteam 1. FC Nürnberg kommt es wieder auf andere Dinge an. Und dem könnte der VfB wieder mit einer veränderten Formation begegnen. Die Berliner traten den Stuttgartern spielerisch entgegen, was diese in der laufenden Saison selten erleben, die Nürnberger erwartet Wolf eher kampfbetont.
Trainingseindrücke entscheiden
Dabei spielt der Gegner nur eine untergeordnete Rolle bei den Gedanken des VfB-Trainers. Wer spielt, ergibt sich aus einer Mischung aus vor allem Trainingseindrücken und etwas Gegneranalyse sowie Struktur des eigenen Teams. Die Mischung muss stimmen. Grundvoraussetzung ist freilich die Qualität des Kaders. Dass die Stuttgarter da den Konkurrenten überlegen sind, spielt Wolf voll aus. Der VfB ist Tabellenführer und allererster Aufstiegskandidat. „Wir haben schon eine gute Breite im Kader“, sagt Wolf. Und: „Das sind alles gute Jungs.“
Gegen Union funktionierte etwa die erstmals so agierende Kombination mit Christian Gentner und Ebenezer Ofori im defensiven Mittelfeld, Alexandru Maxim in der Offensivzentrale sowie Takuma Asano und Josip Brekalo auf den Flügeln. Vor allem Publikumsliebling Maxim ist das Paradebeispiel dafür, dass ein Spieler von der Tribüne zu einem entscheidenden Protagonisten auf dem Platz werden kann. Seit drei Begegnungen steht der Rumäne wieder auf dem Feld, zunächst auf dem Flügel und zuletzt im Zentrum. Er setzte entscheidende Akzente, unter anderem erzielte er gegen Berlin den Treffer zum 1:0.
„Es braucht jeden in der Combo, auch wenn jemand gerade nicht spielt“, erklärt Wolf angesprochen auf Maxim – dessen Defensivaktionen er sogar lobt. Und: „Das finde ich sehr cool, dass die Jungs aus einer Phase, in der sie nicht gespielt haben, reinkommen und voll da sind. Das gilt auch für Josip.“
Das ist typisch Wolf. Es wird keiner vergessen. Im Moment sind andere draußen. Julian Green etwa. Der frühere Münchner ist zurzeit nicht erste Wahl, weil „Maxim reingerutscht ist“, wie Wolf erklärt, und weil auf dem Flügel trotz des verletzungsbedingten Ausfalls von Carlos Mané der Konkurrenzkampf besonders groß ist. Warum ist Green zurzeit nicht dabei? „Wenn einer nicht spielt, spricht das oft nicht gegen ihn, sondern für einen anderen Spieler“, erklärt der Coach. In diesem Fall „gibt es Argumente, die für Takuma sprechen“. Takuma Asano, der Doppeltorschütze vom 2:0 gegen den Karlsruher SC.
Und was ist mit Tobias Werner, der nach seiner langwierigen Verletzung wieder fit ist? „Ein überragender Typ, der extrem viel reinbringt für die Gruppe. Er ist auf einem guten Level“, sagt Wolf. „Aber ich müsste dann ja wieder einen rausnehmen . . .“
Es gibt ja noch die Möglichkeit, von der Bank zu kommen. Ofori ist noch nicht fit für 90 Minuten. Wolf: „Matthias Zimmermann hat das nach seiner Einwechslung gut gemacht. Das gilt auch für Flo, der könnte auch durchspielen.“ Flo, Florian Klein, kam gegen Union auf zehn Einsatzminuten. Wolf könnte auch Jean Zimmer nennen, der zuletzt zwei Mal nicht einmal im Kader war.
„Wir haben schon gute Optionen“
Und dann ist da ja noch Daniel Ginczek, für den der Begriff „Edeljoker“ erfunden sein könnte. Der Stürmer, dessen Einsatz gegen Nürnberg aufgrund eines Infekts fraglich ist, kam im Jahr 2017 bislang in allen Spielen zum Einsatz, stand aber nur ein einziges Mal in der Startelf. Gegen Union erzielte er seinen zweiten Saisontreffer. „Wir haben schon gute Optionen“, sagt Wolf zufrieden.
Angesichts der Breite im Kader lässt Wolf auch kalt, dass vor dem Auftritt beim „Club“ in Maxim, Benjamin Pavard und Simon Terodde drei Akteuren die fünfte Gelbe Karte und damit eine Sperre im darauffolgenden Spiel gegen Erzgebirge Aue droht. „Sie sollen voll spielen, sie sollen sich eine Karte halt nicht wegen irgendeinem Quatsch wie Meckern oder Ballwegschlagen abholen“, sagt der Trainer. Wenn anschließend einer gesperrt ist, „dann bauen wir eben wieder um“.