Autogramme schreiben gehört in diesen Tagen zu den leichteren Übungen für den VfB-Trainer. Jürgen Kramny nach der Rückkehr von Mallorca. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Sigor Paesler

Stuttgart - „Da kommen die Absteiger“, sagt einer. So laut, dass es die Umstehenden hören können, die von ihm gemeinten jungen Männer aber nicht. Es ist kurz vor 16 Uhr am Stuttgarter Flughafen. Wenige Sekunden später verlassen die Bundesliga-Fußballer des VfB Stuttgart das Terminal, gehen zu ihren Autos und fahren nach Hause.

Auch, um der Negativstimmung in der Heimat zu entfliehen, haben sich die Stuttgarter von Mittwoch bis gestern nach Mallorca zurückgezogen. Vor allem aber wollte Trainer Jürgen Kramny der Mannschaft den letzten Feinschliff vor dem so wichtigen Abstiegsduell des Tabellen-15. am Montag (20.15 Uhr) beim 16. Werder Bremen verpassen. „Es hat seinen Zweck erfüllt“, sagt Kramny kurz und knackig und versucht das auszustrahlen, was auch das Kurz-Trainingslager ausmachen sollte: „Die Stimmung war sehr konzentriert mit zwischendurch ein bisschen Lockerheit.“ An „mannschaftstaktischem Verhalten“, am „Zweikampfverhalten“ und an „Standards“ habe das Team gearbeitet. Gespräche und Teambuilding waren auch dabei. „Wir haben ein paar Schwerpunkte reingepackt, die Konzentration erfordern“, fasst der Trainer zusammen.

Bei aller Abschottung - dass die Reise in die Sonne in der Heimat nicht bei allen gut ankam, hat Kramny offensichtlich doch mitbekommen. „Wir waren jetzt nicht am Strand oder so“, betont er. „Wir waren in einer Hotel-Anlage, die nichts anderes ermöglicht als essen, Fußball und schlafen.“

Über Taktik und Aufstellung im Spiel in Bremen wollte Kramny gestern nichts sagen. Er verbarg aber nicht seine Freude darüber, dass Kevin Großkreutz nach ausgestandenem Muskelbündelriss schneller fit ist als erwartet. Der Körper des Defensivspielers hielt der Trainingsbelastung stand, vielleicht ist schon ein Einsatz in Bremen möglich.

Während die Stuttgarter am Montag auf den Geist von Mallorca hoffen, beschwören die Bremer den Geist von Verden. 1150 Kilometer Luftlinie entfernten sich die Schwaben von der Heimat, der Werder-Tross wird heute etwa 45 Minuten mit dem Bus benötigen, um sein Rückzugsdomizil zu erreichen. Das inhaltliche Ziel ist das gleiche. „Wir brauchen vor dem Spiel mental starke Spieler mit frischem Kopf und wollen einen Tag länger zusammen sein. Wir werden uns voll auf die Aufgabe konzentrieren und alle Kräfte bündeln, Einzelgespräche führen und den Gegner entsprechend analysieren“, erklärte Werder-Trainer Viktor Skripnik.

Die jüngste Entwicklung bei den Bremern ist nicht ganz so negativ wie bei den Stuttgartern. Während der VfB von den vergangenen zehn Spielen nur eines gewonnen hat, waren es bei Werder drei. Aber die Schwaben stehen einen Platz und zwei Punkte vor dem Konkurrenten. Weshalb VfB-Sportvorstand Robin Dutt vor dem Duell mit seinem Ex-Club betont: „Die Aufgabe für die Bremer ist nicht einfacher.“ Überhaupt möchte Dutt nicht in den Chor der Pessimisten einstimmen, für die die Situation gefühlt bedrohlicher ist als vor einem Jahr: „Wenn mich jemand fragt, ob ich die Situation vom vergangenen Jahr haben möchte oder die von diesem, ziehe ich die von diesem Jahr vor - ohne zu wissen, wie die letzten drei Spiele laufen.“ Wie es damals lief, wissen wir: Der VfB brauchte in den letzten drei Saisonspielen drei Siege, schaffte drei Siege und blieb in der Liga. Diesmal könnten schon drei Punkte in Bremen ein großer Schritt in Richtung Klassenverbleib bedeuten.

Vier Mal haben die Stuttgarter auf Mallorca trainiert. Noch drei Einheiten stehen bis zum Anpfiff im Weserstadion an. Heute um 18 Uhr und morgen um 13 Uhr auf dem VfB-Gelände, am Montagfrüh in Bremen. „Dann geht es rund“, sagt Kramny und geht ebenfalls in Richtung Auto.

Alle haben die Glauben an die VfB-Kicker übrigens nicht verloren. Einige Zaungäste holten sich gestern Autogramme ab und machten Handy-Fotos mit den jungen Männern, die da das Terminal verließen. Mit Absteigern will sich niemand ablichten lassen.