Mit Union Berlin auf Erfolgskurs: Trainer Jens Keller erwartet heute in Stuttgart eine „sehr intensive Partie mit großer Aggressivität und hoher Laufbereitschaft“. Foto: dpa - dpa

Berlin – Jens Keller, der Trainer des 1. FC Union Berlin, kehrt am Montag an seine ehemalige Wirkungsstätte Stuttgart zurück. Das Topspiel der 2. Fußall-Bundesliga beim VfB (Anpfiff 20.15 Uhr) hat für den ehemaligen Spieler und Coach des VfB jedoch noch keine entscheidende Bedeutung. „Wenn wir verlieren, ist für uns die Meisterschaft mit dann sechs Punkten Rückstand erst einmal außer Reichweite. Das Aufstiegsrennen wird jedoch nicht in diesem Spiel entscheiden“, sagt der 46-Jährige.

Herr Keller, was werden Sie am Montagabend nach dem Spiel in Stuttgart trinken: ein frisches Dinkelacker oder Berliner Weisse mit Schuss?

Keller: (lacht) Um Gottes Willen. Weder noch. Mal sehen, wie das Spiel ausgeht und was es dann im Hotel zum Trinken gibt. Aber Berliner Weisse ist nicht so meins.

Wie groß ist die Anspannung vor dem Duell gegen ihren ehemaligen Arbeitgeber, es steht ja auch viel auf dem Spiel?

Keller: Die Anspannung hält sich noch in Grenzen und das wird wohl auch vor dem Spiel so sein. Uns erwartet ein Fußballspiel, klar geht es um wichtige Punkte. Aber ich lasse mich deshalb nicht verrückt machen.

Welches Team steht mehr unter Druck?

Keller: Der VfB muss aufsteigen. Das ist das klare Saisonziel. Außerdem spielt er zu Hause, deshalb ist der Druck bei den Stuttgartern schon größer als bei uns.

Ihr Team spielt eine Rekordsaison: Beste Saison seit Vereinsgründung, zwei Zähler fehlen zum Club-Punkterekord aus elf Jahren Zweitliga-Zugehörigkeit. Nur 30 Gegentreffer zum jetzigen Zeitpunkt ist für Union ebenfalls spitze. Was haben Sie gemacht, dass der Verein an die Tür zur Bundesliga klopft?

Keller: Intensiv gearbeitet mit meinem Trainerteam und der Mannschaft. Und die Spieler haben viele Dinge gut angenommen. Natürlich gehört auch das Quäntchen Glück immer dazu, wenn man erfolgreich sein möchte. Aber Vorsicht mit Superlativen: Union hat in der DDR schon in der ersten Liga gespielt. Die Chance darauf besteht nun wieder.

Der Erfolg mit Union – ist er für Sie eine Genugtuung, nachdem Sie in der Vergangenheit doch auch oft kritisiert wurden?

Keller: Nein, überhaupt nicht. Ich denke, dass ich auch in der Vergangenheit – und das sieht man ja jetzt – einen guten Job gemacht habe und durchaus erfolgreich gearbeitet habe. Damit kann ich auf jeden Fall zufrieden sein. Und natürlich ist es jetzt auch schön, Erfolg zu haben. Ich genieße es.

Sie wirken auch etwas lockerer als noch zu Schalker-Zeiten . . .

Keller: Das mag sein. Man darf aber nicht vergessen, dass auf Schalke ein ganz anderer Druck herrschte. Bei dem Verein steckt eine ganze ander Wucht dahinter. Union wächst jetzt erst langsam.

Hängt Ihr Herz noch ein bisschen am VfB?

Keller: Natürlich, beim VfB bin ich groß geworden. Hier habe ich die längste Zeit meines Sportlerdaseins verbracht, als Spieler und als Trainer. Aber der Verein hat sich mittlerweile komplett verändert. Es sind nicht mehr allzu viel Leute von früher da, mit denen ich etwas zu tun hatte.

Was hat der VfB, was Union nicht hat?

Keller: Im Gegensatz zu uns eine bundesligaerfahrene Mannschaft. Von daher hat der VfB eine ganze andere Qualität als Union, auch natürlich was das Ganze drumherum angeht.

Und was hat Union, was der VfB nicht hat?

Keller: Union zeichnet vor allem der Zusammenhalt unter den Spielern und auch im Verein aus. Jeder lebt für Union. Hier herrscht – auch wenn es mal nicht so läuft – Ruhe und Harmonie.

Wie beurteilen Sie die Arbeit von Ihrem Kollegen Hannes Wolf?

Keller: Das kann ich nur schwer beurteilen. Der VfB steht an der Tabellenspitze, da kann der Trainer nicht so viel falsch gemacht haben.

Ist die Partie vorentscheidend?

Keller: Wenn wir verlieren, ist für uns die Meisterschaft mit dann sechs Punkten Rückstand erst einmal außer Reichweite. Das Aufstiegsrennen wird jedoch nicht in diesem Spiel entscheiden. Wir wollen natürlich fünf Spieltage vor Schluss, wenn man schon oben steht, auch den Aufstieg schaffen.

Was erwarten Sie vom Spiel?

Keller: Das wird eine sehr intensive Partie mit großer Aggressivität und hoher Laufbereitschaft. Die Zuschauer können sich auf packendes Duell freuen.

Das Interview führte Dominique Jahn.