Kräftig zugepackt: KSV-Kämpferin Agata Ozdoba (rechts) setzt sich gegen Romy Tarangul von der TSG Backnang durch und gewinnt auch ihren zweiten Kampf. Foto: Rudel Quelle: Unbekannt

Von Sigor Paesler

Ostfildern - Ein Sieg, und die Situation bei den Bundesliga-Handballerinnen des TV Nellingen sieht plötzlich ganz anders aus. Geht da noch was in Sachen Klassenverbleib? Vor dem 26:22-Erfolg beim Mitaufsteiger Neckarsulmer SU am vorletzten Vorrundenspieltag standen die Hornets mit ernüchternden 0:22 Punkten da - jetzt ist der Vorletzte SVG Celle (4:20) nur noch zwei und die HSG Blomberg-Lippe (6:18) nur noch vier Punkte entfernt. Gegen Blomberg können die Nellingerinnen im Heimspiel morgen (20 Uhr) den nächsten kleinen Schritt in Richtung Verbleib in der Eliteliga machen. Die früheren Leistungsträgerinnen Daniela Statmann und Sandra Härtl, geborene Faustka, werden es interessiert beobachten. So, wie sie schon während der gesamten Saison mitfiebern.

Neckarsulm als Initialzündung? „Das gegen Blomberg könnte der Knackpunkt sein“, sagt Härtl, „wenn die Hornets gewinnen, können sie das mit in die nächsten Partien nehmen. Verlieren sie, sieht es wieder ganz schlecht aus.“ Stratmann geht nicht so weit. „Ich halte Blomberg für stärker, als es der drittletzte Tabellenplatz glauben lässt“, sagt die frühere Rückraumspielerin über ihren Ex-Club. „Celle und Bad Wildungen sind die Konkurrenten, die Nellingen hinter sich lassen muss.“ Zwei Teams steigen ab. Gerade beim jüngsten 31:25-Erfolg gegen den VfL Oldenburg haben die Blombergerinnen aufhorchen lassen. Ansonsten hätte der TVN morgen punktemäßig sogar aufschließen können.

„Du musst die Chance mitnehmen“

Insgesamt ist Stratmann eher skeptisch, was den Ausgang der Saison betrifft. „Das war ich von Anfang an. Teilweise waren die Leistungen so, dass es damit schwierig wird, in der Liga zu bleiben“, sagt sie deutlich und erinnert etwa an die 24:29-Niederlage Mitte Oktober gegen einen Abstiegskonkurrenten: „Celle war nicht gut, aber Nellingen war schlechter. Solche Spiele musst du gewinnen.“ Stratmann möchte aber nicht falsch verstanden werden: „Wenn du aufsteigst, musst du diese Chance mitnehmen“, betont die 35-Jährige, die mit den TVN-Frauen selbst zwei Mal äußerst knapp am Sprung in die Bundesliga gescheitert ist.

Stratmann, die in der Aufstiegssaison gemeinsam mit Agne Zukauskaite nochmal für ein paar Spiele eingesprungen war, hat das besagte Spiel gegen Celle wie die meisten Begegnungen in der Halle verfolgt. Die zweifache Mutter Härtl schafft das nicht immer, nutzt aber regelmäßig die Möglichkeit, den Livestream bei „Sportdeutschland.tv“ zu verfolgen. Härtl, die noch bei der TG Nürtingen II in der Landesliga spielt („Wir sind eine Mama-Mannschaft“), hat sich besonders über die ersten Punkte ihres Ex-Teams gefreut. „Ich musste schon mal daran denken“, sagt sie über die Saison 2002/2003, als der TVN mit ihr als junger Spielerin die Zweitliga-Saison mit 0:52 Punkten abschloss: „So will man nicht absteigen.“

Mit null Zählern wird sich das aktuelle Team jedenfalls nicht aus der Bundesliga verabschieden. Der Sieg in Neckarsulm war vor allem für den Kopf wichtig, da sind sich die beiden ehemaligen Führungsspielerinnen einig. „Mit jeder Niederlage wird es schwerer“, betont Härtl. „Jetzt ist der Glaube wieder da, gewinnen zu können. Ich hoffe, sie können nachlegen“, sagt Stratmann.

Der Klassenverbleib aber „wird schwer“, sagen beide trotzdem. „Es gibt zu wenig Wechsel-Alternativen“, findet Härtl. „Und über die Außen kommt zu wenig“, fügt die einstmals vielleicht beste Außenspielerin der 2. Bundesliga hinzu. Sie erhofft sich in diesem Punkt jedoch einiges von der wiedergenesenen Tanja Padutsch.

„Total positiv“ wurde Härtl von Annika Blanke überrascht, „auch Louisa Wolf macht es gut“. Stratmann findet, „dass der Kader in der Breite gut ist, aber nicht in der Spitze. Da hätte man statt drei Spielerinnen vielleicht eine starke verpflichten sollen“. Wobei die frühere Bundesliga-Akteurin auch das nicht als Kritik formulieren will: „Ich weiß ja nicht, wie vor der Saison die Möglichkeiten waren.“

Sollte Neckarsulm die Wende gewesen sein und Ende Mai nach dem letzten Saisonspiel in Blomberg ein weiteres Bundesligajahr in Nellingen gefeiert werden, müsste der Kader nach Härtls Meinung so verstärkt werden, „dass sich das Team Richtung Mittelfeld orientieren kann, sonst wird es auf Dauer schwer“. Sollten die Hornets nicht die Kurve kriegen und genug weitere Siege folgen lassen, würden sie und Stratmann das bedauern. „Zu tragisch fände ich es aber nicht“, sagt Härtl. „Die Frage ist, ob es besser ist, in der 2. Bundesliga oben mitzuspielen oder in der Bundesliga fast alles zu verlieren.“ Wobei sich Stratmann nicht so sicher ist, ob der TVN im Fall des Abstiegs ein starkes Zweitligateam zusammen bekäme: „Viele Verträge laufen aus.“ Dann wäre es auch ein Nachteil, dass nicht mehr allzu viele Eigengewächse oder Spielerinnen aus der Region im Kader sind. „Ich kenne nicht mehr viele“, sagt die langjährige Spielführerin Härtl, die nach einem Comeback im Jahr 2014 endgültig von den Hornets verabschiedet wurde. „Ich fiebere mit, weil es mein Verein ist.“