Deizisau/Denkendorf - Bei Handball-Trainern kommt es immer wieder vor, dass ein Verein anruft und anfragt, ob man sich über eine mögliche Zusammenarbeit unterhalten könnte. Bei den einen häufiger, bei den anderen weniger häufig. Als bei Steffen Irmer-Giffoni vor gut einem Jahr das Telefon klingelte und Robert Seifried von der HSG Deizisau/Denkendorf am Apparat war, musste er nicht lange überlegen. „Ich fand es ein bisschen schade, wie es bei der HSG im vergangenen Jahr gelaufen ist“, erklärt der Coach, der damals die Württembergliga-Frauen der SG Schorndorf trainierte. „Ich wollte nicht, dass es den Bach runtergeht.“ Es kam zur Einigung. Irmer-Giffoni, der früher bereits vier Jahre bei der HSG tätig war, bildet nun mit Markus Kuschke ein erfolgreiches Trainer-Duo.
Gerade war das HSG-Team wegen Personalmangels aus der Baden-Württemberg Oberliga abgemeldet worden, obwohl es sich sportlich dort etabliert hatte. Ein Antrag, in der Württembergliga antreten zu dürfen, wurde vom Handball-Verband Württemberg abgelehnt. Das bedeutete, dass die Nachwuchsspielerinen des TV Nellingen, die mit einem Zweitspielrecht für die HSG aufliefen, das nicht mehr tun durften.
So trat Deizisau/Denkendorf mit dem bisherigen zweiten Team in der Landesliga an. Im Gegensatz zu den Frauen des HC Wernau, die ein ähnliches Schicksal ereilt hatte und die zurzeit in der Bezirksliga auf einem Platz im vorderen Mittelfeld stehen, ist die HSG wieder auf dem Weg zurück zumindest in die Württembergliga.
Gewachsenes Team
Zwar ist die momentane Tabellenführung ein bisschen trügerisch, weil der Zweite Spvgg Mössingen zwei Spiele und einen Minuspunkt weniger auf dem Konto hat, aber dennoch ist die Aufstiegschance groß. Denn nicht nur der Meister geht hoch, durch die Relegation schaffen es auch zwei Zweitplatzierte der drei Landesliga-Staffeln. Der Vorsprung von Deizisau/Denkendorf auf den Dritten HSG Böblingen/Sindelfingen beträgt neun Punkte.
„Wir wollen gerne hoch, daraus machen wir kein Geheimnis“, sagt Kuschke, der in der vergangenen Runde pausiert und davor die HSG Obere Neckar trainiert hatte. Die Zusammenarbeit betrachten beide Trainer als Glücksfall. „Es ist nicht selbstverständlich, dass sich ein Verein auf diesem Niveau zwei Trainer leistet. Dazu haben wir in Betina Schenker-Ludwig ja auch noch eine Torwarttrainerin“, erklärt Irmer-Giffoni, der zwei kleine Kinder hat und deshalb froh ist, sich die Arbeit aufteilen zu können. Beim Training wechseln sich die beiden ab, während der Spiele coacht Irmer-Giffoni die Abwehr und Kuschke den Angriff. „Das klappt sehr gut, natürlich auch deshalb, weil wir ein ähnliches Verständnis von Handball haben“, sagt Kuschke.
Das Erfolgsrezept ist leicht erklärt: Das Team spielt seit Jahren in ähnlicher Besetzung zusammen und war 2014/2015 auch schon eine Spielzeit lang in der Württembergliga dabei. Die vergangene Landesliga-Saison schloss die HSG II auf Platz drei ab. Aus dem Kader der Baden-Württemberg Oberliga der vergangenen Saison sind nur noch Lorena Drücker und Florence Krug dabei. Die allerdings haben eine wichtige Rolle. „Lorena spielt eine bomben Abwehr“, sagt Krug, die nach ihre Babypause erst während der Saison richtig eingestiegen ist. „Die Hinrunde war sozusagen meine Vorbereitung“, sagt sie. Krug bringt ihre Erfahrung ein und genießt das. „Das Team ist reifer geworden und die zwei Trainer haben nochmal richtig Pfiff reingebracht“, betont sie und zerstreut die Bedenken für den Fall eines Aufstieges: „Wir können in der Württembergliga eine gute Rolle spielen, ich ermutige die Mädels zum Aufstieg.“ Auch Kuschke ist nicht bange. „Wir haben ein unheimlich gutes Tempospiel entwickelt und unsere 3-2-1-Abwehr steht sehr gut“, sagt der Coach. Verstärkungen seien nur punktuell nötig - auch, um das funktionierende Teamgefüge zu erhalten. Kuschke: „Das muss passen.“
Kein Sportlicher Leiter
Das Wiedererstarken des Frauenteams wird auch in den Kooperationsvereinen TSV Deizisau und TSV Denkendorf mit Freude wahrgenommen, auch wenn sich Trainer und Team in erster Linie selbst um Kaderplanung und dergleichen kümmern müssen. Einen Sportlichen Leiter für die Frauen gibt es nicht mehr und Seifried, der sich ebenfalls um die Belange des Teams gekümmert hat, hat im vergangenen Jahr die Deizisauer Abteilungsleitung an Vanessa Bachmann abgegeben. „Er ist aber immer noch als Zeitnehmer in der Halle und unterstützt uns engagiert“, erklärt Irmer-Giffoni. Seifrieds Tochter Anita spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im und um das Team herum.
Im Moment trainiert die HSG zweimal pro Woche, nach dem Willen der Spielerinnen sollte das auch eine Liga höher nicht anders sein. Immerhin gibt es noch ein Leben neben dem Handball. „Zweimal intensiv zwei Stunden bringt manchmal mehr als dreimal eineinhalb Stunden“, erklärt Krug, die es wissen muss. Für die Trainer ist das in Ordnung, auch wenn Irmer-Giffoni sagt: „Vielleicht bieten wir dann eine dritte Trainingseinheit für die jüngeren Spielerinnen an.“
Noch ist es aber nicht so weit, am Samstag (17.30 Uhr, Hermann-Ertinger-Halle Deizisau) gegen den Vorletzten TV Großengstingen ist die HSG klarer Favorit. Danach sind noch vier weitere Begegnungen zu absolvieren, am vorletzten Spieltag (8. April) kommt es zum Spitzenspiel in Mössingen.
Der Rückzug im vergangenen Jahr ist bei der HSG abgehakt. Seither geht es, um im Bild mit Irmer-Giffonis Worten zu bleiben, wieder „den Bach rauf“.