Der Brief der Kanzlerin: Angela Merkel lädt einen Vertreter der SV 1845 zu einer Ehrung nach Berlin ein. Foto: Repro Quelle: Unbekannt

Von Hannes Kern

Esslingen - Wolfgang Walter staunte nicht schlecht, als ein Brief der Bundeskanzlerin ins Haus flatterte (siehe Bild oben). Der Fußball-Abteilungsleiter der SV 1845 Esslingen hat zwar schon zahlreiche Ehrungen für die verdienstvolle Arbeit des Vereins bei der Integration von Flüchtlingen miterlebt. Aber eine Einladung von Angela Merkel persönlich? Damit hat Walter beim besten Willen nicht gerechnet. „Das kam überraschend. Aber das setzt dem Ganzen natürlich die Krone auf“, freut sich der Funktionär auf das Treffen mit Merkel am 17. März im Bundeskanzleramt in Berlin.

Grund für die Einladung der Kanzlerin war das Engagement der SV 1845 für die Flüchtlingshilfe. „Diese Einsatzbereitschaft möchte ich besonders würdigen“, heißt es in Merkels Schreiben.

Walter fiebert dem Auftritt in Berlin entgegen. „Ich werde mit der Kanzlerin Weltpolitik machen“, scherzt der Abteilungsleiter. Den Ablaufplan der Veranstaltung hat er bereits zugeschickt bekommen. Sie beginnt am 17. März um 13 Uhr und endet gegen 14.30 Uhr. Vorgesehen ist unter anderem ein Podiumsgespräch, gefolgt von einem gemeinsamen Foto und einem etwa einstündigen Empfang. Die ganze Veranstaltung wird live im Internet übertragen.

Die Unterstützung der Flüchtlinge durch die SV 1845 hat sich bis in die Bundeshauptstadt Berlin herumgesprochen. Die Sportvereinigung, in deren Mannschaften zahlreiche Spieler aus Gambia und anderen Ländern kicken, wurde für ihre Integrationsarbeit bereits mit mehreren Preisen ausgezeichnet: mit dem „Stern des Sports“ im Jahr 2015 - eine Auszeichnung des DOSB und der Volksbank - dem Preis des Deutschen Fußball-Bundes „1:0 für ein Willkommen“ und dem Ehrenamtspreis der Eßlinger Zeitung und der Kreissparkasse. Außerdem waren die SV-Fußballer im Fernsehen zu bewundern, als der ehemalige Bundesligaprofi Hans Sarpei für den Sender Sport1 ein Training mit den Esslingern aufzeichnete.

Mittlerweile ist die Arbeit mit den Flüchtlingen auf und außerhalb des Trainingsplatzes bei der SV 1845 Normalität. Auch die Akzeptanz bei Auswärtsspielen hat sich laut Walter gebessert. „Die Denkweise der Mannschaften und Zuschauer hat sich gewandelt“, ergänzt er. Allerdings gibt es auch Ausnahmen. Beispielsweise, als ein sich ein Schiedsrichter kurz vor Schluss einer Partie ausländerfeindlich äußerte. Daraufhin hat die Mannschaft geschlossen den Platz verlassen und damit ein klares Zeichen gesetzt.

Die SV 1845 kümmert sich auch jenseits des Sports um die Flüchtlinge. Der ehrenamtliche Mitarbeiter Hans Rust beispielsweise organisierte einen Fernseher für die Unterkunft der Fußballer, hilft beim Kauf von Fußballschuhen oder Behördengängen.

Es kommt auch vor, dass Spieler den Esslinger Verein wieder verlassen. Etwa wenn einer eine Wohnung in einer anderen Gemeinde gefunden hat. Ein SV-Fußballer zog nach Aichwald - und spielt jetzt beim ASV.

Die Aufnahme der Flüchtlinge hat sich letztlich für alle Seiten positive ausgewirkt. „Der Aufstieg in die Kreisliga A wäre ohne sie nicht möglich gewesen“, sagt Walter. Das wird auch Angela Merkel wohlwollend zur Kenntnis nehmen.