Ein Bild aus den glorreichen 90er-Jahren: Trainer Martin Hägele (links) und Spielmacher Armin Lattacher. Fotos: Rudel Quelle: Unbekannt

Esslingen - Bei den aktiven Fußballern des TSVW Esslingen drohen die Lichter auszugehen. Nach einem großen Aderlass schon während dieser Saison haben in der Winterpause weitere Spieler den Verein verlassen, worauf auch Trainer Michael Schäberle zurückgetreten ist. Der kommisarische Abteilungsleiter Rainer Elbe versucht jetzt zu retten, was noch zu retten ist. Er stellte beim Württembergischen Fußball-Verband (WFV) den Antrag, die erste Mannschaft in der Kreisliga A abzumelden.

Von Hannes Kern

Nach Ansicht des 71-jährigen Elbe droht der gesamte Erwachsenenfußball in Wäldenbronn den Bach runterzugehen. Er liebäugelte sogar damit, eine außerordentliche Abteilungsversammlung einzuberufen und die Gretchenfrage zu stellen, ob die Fußballabteilung überhaupt weiterexistieren kann. „Wir wollten aber nicht alles zusammenbrechen lassen“, erklärte Elbe. Schließlich besitzt der TSVW als einer der wenigen der neun Fußball treibenden Vereine Esslingens eine funktionierende Jugendabteilung.

Der Wäldenbronner Funktionär nahm in seiner Not Kontakt zum WFV auf und erhielt die Auskunft, dass es im Prinzip nicht möglich sei, die erste Mannschaft abzumelden, allenfalls die zweite. Aber es gebe auch Sonderfälle. Jetzt wartet Elbe auf die schriftliche Bestätigung des Verbandes. Sollte der WFV den Antrag genehmigen, würde wenigstens die zweite Mannschaft in der Kreisliga B erhalten bleiben. Zumindest bis Saisonende.

Der Grund für den Niedergang sind das fehlende ehrenamtliche Engagement und die Abwanderung eines Großteils der Spieler. Der offizielle Abteilungsleiter Armin Lattacher ist beruflich dermaßen eingespannt, dass er seine Aufgabe seit geraumer Zeit nicht mehr wahrnehmen kann. Und auch sonst ist keiner bereit, die Fußballer zu unterstützen. Bei dem vor zwei Wochen zurückgetretenen Trainer Michael Schäberle sitzt der Frust tief. „Ich habe mich vom Verein im Stich gelassen gefühlt“, sagte er. „Es gibt keine Führung und keine Betreuer. Es gibt keinen Trainer im Kreis, der alles machen muss so wie ich. Der Einzige, der noch was tut, ist Rainer Elbe.“

Ein Indiz für den Zustand der Fußballabteilung des TSVW ist die Internetseite der Aktiven. Darauf steht ein Mannschaftsbild aus der Saison 2014/2015. Der letzte Eintrag auf der Seite datiert vom 2. März 2014.

Zu Saisonbeginn standen auf dem Papier noch zwei große Kader, doch in der Praxis sah das anders aus. Der Spielbetrieb beider Mannschaften, die das Tabellenende ihrer jeweiligen Ligen zieren, war im Grunde nicht mehr aufrechtzuerhalten. Und als sich in der Winterpause weitere fünf Spieler abmeldeten und drei den Verein wechselten, sah auch Schäberle keinen Sinn mehr, weiterzuarbeiten.

In den 90er-Jahren spielte der TSVW unter Trainer Martin Hägele in der Oberliga, jetzt liegt der Erwachsenenfußball in Wäldenbronn am Boden. Der Niedergang Ende der 90er-Jahre war verbunden mit einer Verschuldung von rund einer Million Mark, weil die Geldgeber Heinz Rehm und Helmut Fingerle ihr Darlehen wieder zurückhaben wollten. Der Verein ist immer noch in Geldnöten, aber laut Elbe auf einem guten Weg, in fünf bis sechs Jahren schuldenfrei zu sein.

Finanzielle Möglichkeiten fehlen

Der TSVW wurde nach dem Abstieg aus der Landesliga im Jahr 2002 durchgereicht bis in die Kreisliga A, schaffte aber 2012 unter Trainer Gaetano Intemperante den Aufstieg in die Bezirksliga. Doch danach begannen die personellen Schwierigkeiten, die auch mit fehlenden finanziellen Möglichkeiten und den schlechten Trainingsbedingungen zusammenhängen. „Der Verein ist finanziell nicht auf Rosen gebettet. Da ist es verdammt schwer, jemanden nach Wäldenbronn zu locken“, sagt Armin Lattacher. Intemperante trat Ende der vergangenen Saison zurück.

Hägele, der sich als Stellvertretender Vorsitzender des FC Esslingen der Förderung des Jugendfußballs verschrieben hat, bedauert die Entwicklung bei seinem Heimatverein. „Man sieht wie schwierig es ist, Funktionäre zu gewinnen“, sagt der Fußballlehrer. Hägele sieht die Entwicklung nicht als spezielles Problem des TSVW, sondern als Grundproblem des Ehrenamts in der Gesellschaft. „Es ist auch kein Esslinger Problem, sondern eines des Fußball-Bezirks Neckar/Fils.“

Wichtig ist es Hägeles Ansicht nach, qualifizierte Trainer vor allem im Jugendbereich auszubilden. „60 Prozent der Jugendspieler, die aufhören, geben als Hauptgrund den Trainer an“, erklärt Hägele.

Wie es in Wäldenbronn mit dem Aktiven-Fußball weitergeht, weiß derzeit keiner. Elbe hofft, bei der ordentlichen Abteilungsversammlung in den kommenden drei Wochen wenigstens einen neuen Abteilungsleiter zu finden. Und er hofft, „dass sich dann keiner mehr versteckt“.