Bahnhofs-Architekt Christoph Ingenhoven will als Sieger des Wettbewerbs auch das Umfeld gestalten - einen Rechtsanspruch darauf hat er laut Stadtverwaltung aber nicht. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Ende 2021, so lautet das erklärte Ziel der Bahn, soll der neue Stuttgarter Tiefbahnhof in Betrieb gehen. Mit seiner Fertigstellung ist die Stadt am Zug: Es gilt, das Bahnhofsumfeld zu verschönern. Ideen, wie der Arnulf-Klett-Platz, die Schillerstraße und der künftige Straßburger Platz aussehen könnten, sollen Architektenwettbewerbe liefern.

Als Christoph Ingenhoven 1997 den Architektenwettbewerb für den Bahnhofsneubau gewann, knallten die Sektkorken. Seither hat sich bei dem Bauexperten offenbar jede Menge Ärger angestaut, der sich bei der Grundsteinlegung für das Herzstück des Bahnprojekts Stuttgart 21 dieser Tage entlud. Ingenhoven stichelte beim Festakt gegen die Stadt: Er wünsche sich, dass das Konzept, das dem Wettbewerb zugrunde lag, auch im unmittelbaren Umfeld des Bahnhofs realisiert werde. „Nach meiner Einschätzung besteht die Gefahr, dass der neue Bahnhof bei seiner Fertigstellung von Brachflächen in der Mitte der Stadt umgeben sein wird“, monierte Ingenhoven. Dabei habe er doch längst entsprechende Pläne vorgelegt. Den Anspruch darauf, diese auch umzusetzen, leitet er aus dem Gewinn des Wettbewerbs ab, in dem es laut Ausschreibungstext nicht nur um das Bahnhofsgebäude an sich ging, sondern auch darum, „die städtebauliche, gestalterische und funktionale Einbindung des neuen Hauptbahnhofs in das städtebauliche Umfeld und die Schlossgartenanlagen herzustellen“.

Im Rathaus freilich bewertet man die Lage anders - „die Uhr ist nicht 1997 stehengeblieben“, meint Baubürgermeister Peter Pätzold. Im Wesentlichen beziehe sich Ingenhovens Planung auf die Gestaltung des Durchgangsbahnhofs. „Den Wettbewerb hat auch nicht sein Büro gewonnen, sondern eine Arbeitsgemeinschaft, die es in dieser Form gar nicht mehr gibt.“ Pätzold beruft sich auf ein aktuelles Rechtsgutachten. Daraus gehe hervor, dass Ingenhoven „unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen fälligen und durchsetzbaren Anspruch gegen die Stadt“ habe. Diese könne Planungsleistungen im Bahnhofsumfeld „nur unter Beachtung der vergaberechtlichen Vorschriften“ vergeben. Deshalb will die Stadt für die Bereiche vor und hinter dem Bahnhof jeweils eigene Wettbewerbsverfahren ausloben, sobald die Bürgerbeteiligung Rosenstein abgeschlossen ist. „Stuttgart braucht ein modernes, ansprechendes Umfeld des künftigen Bahnhofs“, heißt es.

Über das geplante Vorgehen habe man Ingenhoven Anfang September in einem Gespräch im Rathaus informieren wollen, berichtet Pätzold. „Leider hatten wir dazu keine Gelegenheit. Herr Ingenhoven hat die Sitzung abrupt verlassen.“ Seinen Standpunkt habe er anschließend schriftlich dargelegt und um Vertraulichkeit gebeten. Dass er selbst die Meinungsverschiedenheiten später bei der Grundsteinlegung öffentlich machte, sei unverständlich, erklärt Pätzold. „Wir setzen auf einen fairen, lösungsorientierten Dialog aller Partner. Gerade wenn es unterschiedliche Auffassungen gibt, sollten gemeinschaftlich Lösungen gefunden werden.“ Doch zwischen der Stadt und Ingenhoven scheint das Tischtuch zerschnitten. Ungewöhnlich scharf kritisiert das Rathaus den Architekten des Bahnhofs. Im gehe es offenbar mehr um seine öffentliche Wirkung als um einen Dialog mit der Stadt“.