Stuttgart (red) - Schulden machen krank. Krankheit macht Schulden. Das bestätigt eine Befragung der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart (ZSB), die gemeinsam vom Caritasverband für Stuttgart, der Evangelischen Gesellschaft (eva) und Prävent-Sozial getragen wird. Sie hatte im April und Mai des Jahres ihre Klienten zu ihrem Gesundheitszustand befragt.

Existenzängste, finanzielle Sorgen und ein hoher emotionaler Druck führen zu psychischen, aber auch physischen Erkrankungen. Durch eine professionelle Schuldnerberatung lassen sich in den meisten Fällen Wege aus der Schuldenkrise finden, Erkrankungen können dadurch oft vermieden oder gemildert werden. Das bestätigt die Umfrage der Stuttgarter Experten.

83 überschuldete Personen wurden während ihrer Schuldnerberatung befragt, ihre Auswahl erfolgte rein zufällig. 45 Prozent von ihnen haben ihren Gesundheitszustand als „weniger gut“ oder gar „schlecht“ angegeben. 61 Prozent der Befragten weisen ein Krankheitsbild auf. Im Vordergrund stehen dabei psychische und psychosomatische Erkrankungen. 39 Prozent gaben an, dass die Krankheit einer der Auslöser für die Überschuldung war. Bei mehr als einem Drittel der Befragten ist die Arbeitsfähigkeit stark eingeschränkt, elf Prozent sind gar berufsunfähig krank. Bei 23 Prozent der Betroffenen bestehen Schulden, die im direkten Zusammenhang mit der Krankheit stehen, meist stehen Kassenbeiträge und Arztrechnungen aus. Das zeigt: Zwischen Krankheit und Schulden besteht eine enge Wechselwirkung, die man aus eigener Kraft nicht mehr bewältigen kann. Krankheiten können in eine Überschuldung führen, ebenso können aber auch Schulden krank machen. Für Menschen mit Schulden besteht zudem die Gefahr, dass sie sich nicht mehr ausreichend krankenversichern können. Ärztliche Leistungen, die Zusatzbeiträge erfordern, können nicht bezahlt werden.

Dass Schuldnerberatung zumindest gesünder macht, bestätigen Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen. Und diese Erfahrung machen auch die Mitarbeiter der Zentralen Schuldnerberatung Stuttgart. Bei der Befragung gaben 62 Prozent der Betroffenen an, dass sich durch die Schuldnerberatung ihr Gesundheitszustand verbessert hat oder verbessern kann. Ein Betroffener schrieb auf den anonymen Fragebogen: „Durch den Prozess bei der Beratung der Schuldnerberatung und die Hilfe und Unterstützung geht es mental und im sozialen Umfeld bergauf. Festigung im Beruf und Selbstbewusstsein sind deutlich verbessert. Danke.“

Im Moment gibt es in der Landeshauptstadt lange Wartezeiten, bis überschuldete Menschen beraten werden können. Deshalb fordert die Einrichtung ein Recht auf Schuldnerberatung für überschuldete Menschen. Wichtig ist aus Sicht der Beratungsstelle auch, dass Überschuldete Zugang zur Regelversorgung der Krankenkassen bekommen - auch wenn sie dieser Beiträge schulden. Im Moment haben diese keinen Anspruch auf das volle Leistungspaket. Die Konsequenz: Falls wegen der abgesenkten medizinischen Leistungen Behandlungen nicht durchgeführt werden, können Spätfolgen auftreten, die langfristig von der Gemeinschaft der Versicherten zu tragen sind. Aus Überzeugung der Experten ist es nötig, für überschuldete Menschen spezifische Programme zur Krankheitsprävention und Gesundheitsprävention anzubieten, da Krankheiten teilweise die Entschuldung verhindern.

Eine weitere Forderung der Schuldnerberatung lautet: Die gesetzliche Krankenversicherung sollte für Kleinselbstständige mit niedrigem Einkommen geöffnet werden. Die bisher starre Bemessung der Beiträge auf ein Durchschnittseinkommen führt zu pauschal hohen Beiträgen, die Kleinselbstständige schnell finanziell überfordern können.