Stuttgart (dpa) - Die Unwetter im Frühjahr haben Baden-Württembergs Landwirten zu schaffen gemacht. Stellenweise sind die noch jungen Pflanzen nach Angaben des Bauernverbandes im Wasser oder Schlamm versunken.

Zwar prognostizierte das Statistische Landeamt in Stuttgart eine immerhin durchschnittliche Ernte, weil die Einbußen in den Unwettergebieten durch höhere Erträge in anderen Regionen ausgeglichen werden könnten. Joachim Rukwied, Chef des Bauerverbands sowohl auf Bundesebene als auch in Baden-Württemberg, sagte aber, einzelne Betriebe im Südwesten seien „massiv betroffen“. Zahlen will der Verband am Donnerstag vorlegen. Der Landesbauernverband bleibt jedoch bei seiner skeptischen Einschätzung. Die bisher bekannten Ergebnisse bei Raps und Getreide seien enttäuschend, sagte eine Sprecherin. Auch Deutschlands Landwirte fahren derzeit eine deutlich schlechtere Getreideernte ein als im vergangenen Jahr. „Wir sind schon ein bisschen ernüchtert und enttäuscht über das, was wir bisher ernten konnten“, sagte Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband. Die Mengen beim Getreide seien wegen des schlechten Wetters deutlich geringer als im Vorjahr - je nach Region zehn bis 20 Prozent. Die Sonne habe zu wenig geschienen. Gerste und Raps seien bereits weitgehend abgeerntet. Beim Weizen stehe einiges auf den Feldern - gut ein Drittel nach seiner Schätzung. „In diesem Jahr sind die Körner einfach kleiner“, sagte Hemmerling. Das wirkt sich auf das Gewicht aus. Man brauche mehr Körner als sonst, um eine entsprechende Menge Mehl daraus zu bekommen, erklärte Hemmerling, der stellvertretende Generalsekretär des Bauernverbands.

Verbraucher bekommen von der geringeren Erntemenge seiner Einschätzung zufolge aber wenig mit: Der Großteil des Getreides - etwa 60 bis 70 Prozent - je nach Art werde als Viehfutter verwendet. Lediglich 30 Prozent würden zu Backwaren verarbeitet, der Rest werde etwa zur Herstellung anderer Produkte wie Stärke genutzt oder gehe zu einem kleinen Teil in Biokraftstoffe. Im vergangenen Jahr hatten die Landwirte nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 48,8 Millionen Tonnen Getreide einschließlich Mais geerntet. Die wichtigste Getreideart ist dabei der Weizen - knapp 26,5 Millionen Tonnen holten die Bauern ein. Dazu kamen zum Beispiel 11,6 Millionen Tonnen Gerste und 3,5 Millionen Tonnen Roggen.

Landwirte doppelt gestraft

Dauerregen bremst die Bauern an einigen Orten momentan aus. Im Rheinland sei gerade mal gut ein Drittel des Weizens geerntet, erklärte der rheinische Landwirtschaftsverband in Bonn. „Im Vergleich zum vergangenen Jahr sind die Landwirte gleich zwei Mal gestraft: Zum einen mit schlechten Preisen, zum anderen mit schlechten Erträgen.“ Die Landwirte sehnen sich nun nach trockenem, sonnigem Wetter, um das Korn einholen zu können.

Dass Ernten unterschiedlich ausfallen, sei für Landwirte nicht neu, sagte Hemmerling. 2013 und 2014 seien sehr gute Erntejahre gewesen. 2015 seien dann die Mengen gut gewesen, aber die Preise auf dem Weltmarkt nicht. In diesem Jahr sei beides etwas kritischer. Derzeit sei der Ackerbau in einem wirtschaftlichen Abwärtstrend. In Nordamerika, Russland und der Ukraine würden dagegen sehr gute Getreideernten erwartet.

Manchen Landwirten in Deutschland setzt das Wetter auch beim Obst zu. In Hessen startete vor einigen Tagen die Apfel-Ernte, manche Früchte könnten aber kleine Schönheitsfehler haben, wie ein Sprecher des hessischen Bauernverbands erklärte: „In Gebieten, wo es gehagelt hat, haben die Äpfel Dellen.“ Geschmacklich gebe es keinen Unterschied, „aber die sehen halt nicht so schön aus“.

Regen und die Überflutungen in einigen Gegenden merke man auch bei Schädlingen an Gemüse, Obst und Weinbau, gab Hemmerling zu bedenken. Auch die Krautfäule in der Kartoffel sei dieses Jahr ein Thema. In vielen Gegenden Europas kämpfen Winzer nach starkem Regen gegen einen Pilzbefall ihrer Weinberge. In Rheinhessen und im Rheingau drohen bei Ökowinzern wenige Wochen vor Beginn der Weinlese Totalausfälle, wie der Verband ökologischer Weinbau „Ecovin“ erklärte.

Die Hälfte Deutschlands ist Agrarfläche

Viel Wald, Dörfer - und zwischendrin Felder. Geht man nach der Fläche, ist Deutschland ein Agrarland. Die Hälfte des Gebiets der Bundesrepublik gilt als Landwirtschaftsfläche. Von 360 000 Quadratkilometern sind das knapp 185 000, wie aus Zahlen des Statistischen Bundesamtes hervorgeht (Stand 2014, neuere Zahlen liegen nicht vor). Die Flächen sind unbebaut und werden beispielsweise für den Ackerbau oder von der Wiesen- und Weidewirtschaft genutzt. Auf ihnen gedeihen auch Obst, Wein und Gemüse. Interessant dabei ist: Auch das Moor und die Heide zählen zu dieser Statistik.