Stuttgart (eh) - Zwei Tage vor der Sitzung des Aufsichtsrates der Deutschen Bahn fordern die Stuttgart-21-Gegner das Kontrollgremium auf, wegen massiver Probleme Alternativen zu dem geplanten Tiefbahnhof ernsthaft zu erwägen. „Es ist höchste Zeit, dass kritisch ausgelotet wird, was die vernünftige Bahnpolitik ist“, meint Eisenhart von Loeper, der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21.

Der seit 20 Jahren geplante und 2010 begonnene Umbau des Stuttgarter Bahnknotens wird wohl länger dauern und teurer werden als geplant. Über Probleme bei der Zeit- und Kostenplanung des Projekts will der Bahnvorstand am Mittwoch in Berlin informieren. Bahnchef Rüdiger Grube und sein Stellvertreter Volker Kefer werden sich unangenehmen Fragen stellen müssen. Denn ob der Kostenrahmen von gut 6,5 Milliarden Euro zu halten sein wird, ist derzeit völlig unklar. „Mit seiner Behauptung, Stuttgart 21 in sieben Jahren ohne Risikopuffer fertigstellen zu können, hat der Bahnvorstand sich an den Rand der Lächerlichkeit manövriert“, sagt von Loeper. Dass keine weiteren Kosten einträten, sei „absolut unrealistisch“. Er verweist darauf, dass das bahnunabhängige Verkehrsplanungsbüro Vieregg & Rössler Ende vergangenen Jahres die Baukosten auf 9,8 Milliarden Euro taxierte und die Fertigstellung für frühestens 2024 prognostizierte. Nein, beeilt er sich zu betonen, es gehe jetzt nicht um einen Ausstieg aus dem Projekt. Wohl aber um Alternativen zur unterirdischen Durchgangsstation. Obwohl an vielen Stellen bereits riesige Gruben dafür ausgehoben wurden, seien viele der Eingriffe gut änderbar, meint von Loeper. „Es gibt machbare Umstiegskonzepte, die von den Realitäten auf den Baustellen ausgehen.“ Jetzt müsse die Politik „eine konstruktive Wende in ihrer bisherigen S-21-Politik einleiten“, fordert der Bündnissprecher. Dabei sei völlig egal, wer das Unternehmen führe. Selbst wenn die angeschlagenen Bahnvorstände Rüdiger Grube und Volker Kefer gehen müssten, sei es mit einem „solchen Bauernopfer“ nicht getan. „Kein Vorstand der Welt wird dieses Projekt retten können.“ Die Projektgegner setzen vor allem auf eine aus ihrer Sicht verkehrstechnisch und finanziell günstigere Modernisierung des Kopfbahnhofs. Eine aus Architekten, Bahnexperten, Denkmalschützern und Ingenieuren bestehende Fachgruppe des Aktionsbündnisses hat in den vergangenen Monaten Ideen entwickelt, wie das Bahnhofsgebäude genutzt und die verkehrliche Anbindungen eines Kopfbahnhofs aussehen könnte. So könnten zum Beispiel ein Fernbusbahnhof und ein Fahrradparkhaus integriert werden, die abgerissenen Seitenflügel wieder aufgebaut und mit einem Glasdach überspannt, Teile des zerstörten Schlossgartens neu angelegt und das ausgehobene Gelände zum Amphitheater umgestaltet werden. Diese Planungen seien noch nicht beendet, aber auf der Zielgeraden, sagt von Loeper. Ein Umstieg auf ein Konzept mit einem modernisierten Kopfbahnhof würde nach Berechnungen des Aktionsbündnisses rund 1,8 Milliarden Euro kosten.

Für Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) kommt ein Ausstieg mit Verweis auf das Ergebnis des Volksentscheids 2011 nicht infrage. Allerdings moniert er, dass sich das Land angesichts drohender Kostensteigerungen von Bund und Bahn im Stich gelassen fühle. Über die Rechtmäßigkeit der Finanzierung durch die Projektpartner wird das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute verhandeln.