Nächtliche Meißelarbeiten im Stuttgart-21-Tunnel  Foto: EZ - EZ

Stuttgart (eh) - Ungeachtet aller Baufortschritte fordern die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 den sofortigen Stopp des Milliardenvorhabens. Einem gestern von ihnen vorgelegten Gutachten zufolge liegen die Kosten des Weiterbaus zwischen 5,9 und 7,9 Milliarden Euro über denen eines Ausstiegs. Die Deutsche Bahn weist die Darstellung energisch zurück. Es handele sich um „nicht haltbare Spekulationen“, die schon mehrfach widerlegt worden seien.

Die Expertise des Münchner Beratungsbüros Vieregg-Fössler belegt nach Ansicht des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, dass die Bahn die Ausstiegskosten „maßlos überhöht und die Kosten des Projekts von Anfang an viel zu niedrig angesetzt“ habe. Das Projekt sei definitiv unwirtschaftlich, so Bündnissprecher Eisenhart von Loeper. Vieregg-Rössler geht von 9,8 Milliarden Euro Gesamtkosten für das Bauvorhaben aus. Ein Ausstieg hingegen wäre 1,5 Milliarden Euro teuer. „Hierbei sind die Kosten für die bisher schon realisierten Maßnahmen, die Kosten für den Vertragsausstieg, verlorene Planungskosten sowie die Kosten für die Wiederherstellung der vollen betrieblichen Funktionalität des ursprünglichen Kopfbahnhofs enthalten“, heißt es in dem Gutachten. Ein Ausbau der Bahnanlagen in Stuttgart nach dem Konzept Kopfbahnhof 21 (K 21) sei mit rund zwei Milliarden Euro zu veranschlagen - und damit wäre der Baustopp 5,9 Milliarden kostengünstiger als der Weiterbau. Ohne die Realisierung von K 21 ließen sich gar 7,9 Milliarden Euro sparen.

„Das ist reine Spekulation und beruht auf keiner seriösen Grundlage“, kommentiert Peter Sturm, Geschäftsführer der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH, die Zahlen. Die Präsentation basiere „auf den falschen Annahmen der Kostenspekulation der Gegner vom Dezember 2015 und ist ein klassischer Folgefehler.“ Die Kostenkalkulation liege innerhalb des Finanzierungsrahmens von 6,526 Milliarden Euro. Allein in Stuttgart seien schon 1,5 Milliarden Euro ausgegeben worden und damit knapp ein Viertel der im Finanzierungsrahmen bewilligten Mittel. „Damit ist es eindeutig wirtschaftlicher weiterzubauen.“

Ein Ausstieg sei „nicht im Sinne Baden-Württembergs“, betont Sturm. Außerdem würde der insgesamt schon knapp 40 Kilometer Tunnelvortrieb „eine völlig andere Sprache sprechen als die Ausstiegsszenarien der Projektgegner“. Für Stuttgart 21 seien bereits 12,4 von rund 59 Kilometern Tunnel ausgehoben und vorgetrieben. Auf der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm seien es mehr als 26 von rund 62 Kilometern. Dort seien auch schon sämtliche Rohbauarbeiten vergeben. Die Vergaben, so Sturm, erfolgten dabei teilweise deutlich unter den geplanten Bausummen. „Die Neubaustrecke hat die gute Chance, unter dem kalkulierten Budget in Höhe von 3,26 Milliarden Euro abzuschließen“, betont der Geschäftsführer der Projektgesellschaft.

Das Aktionsbündnis will das neue Gutachten nun den Aufsichtsräten der Bahn zustellen - verbunden mit der Forderung, sich in der Sitzung am 15. März mit den Kosten und Ausstiegskosten für Stuttgart 21 zu befassen. Rechtsanwalt von Loeper warnt sie davor, eine Straftat zu begehen: Das Aktienrecht untersage Aufsichtsräten unwirtschaftliche Entscheidungen. Untreue sei genauso wenig wie Steuerhinterziehung ein Kavaliersdelikt.