Der Schlossplatz im Herzen Stuttgarts - hier treffen Lebensgefühl und Historie aufeinander. Foto: Stuttgart Marketing Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Der Schlossplatz gilt als der schönste Platz Stuttgarts. Ein Postkartenidyll - wenn denn nicht ständig Zelte und Bühnenaufbauten den Blick verstellen würden. Kaum ein Monat, in dem keine Veranstaltung oder Demonstration im Herzen der Landeshauptstadt stattfindet. Für deren Zahl gibt es tatsächlich keine Beschränkung. Kritik an der „Übernutzung“ wird laut.

Der Schlossplatz ist lebendiger Treffpunkt mitten in Stuttgart. Vor beeindruckender historischer Kulisse werden die Grünflächen im Sommer zur beliebten Liegewiese, die Brunnen spenden Erfrischung. Rundum laden Cafés zum Verweilen ein. Und längst ist der ehemalige Paradeplatz zum zentralen Ort für Open-Air-Veranstaltungen aller Art geworden. „Da der Schlossplatz einer der prägnantesten und meist frequentierten Orte der Stadt ist, erhalten wir natürlich viele Anfragen“, sagt Roland Wenk vom Staatsbetrieb Vermögen und Bau Baden-Württemberg. Hier feiern zu dürfen, gilt als etwas Besonderes. Deshalb treffe man eine „sorgfältige Auswahl“. Eine Statistik über abgelehnte Anträge führe man allerdings nicht.

Das Land, in dessen Zuständigkeit der größte Teil des Schlossplatzes fällt, hat in diesem Jahr 14 teils auch mehrtägige Aktionen genehmigt - vorrangig Kulturfeste wie das Trickfilmfestival, das SWR-Sommerfestival und die Stuttgart Jazzopen, aber auch gesellschaftspolitisch motivierte Events wie die Radaktionstage. Weitere sechs Veranstaltungen finden im Ehrenhof des Neuen Schlosses statt. Auch die Stadt genehmigt auf einer Teilfläche Aktionen, zum Beispiel den Mukoviszidose- und den Nichtraucher-Tag. Hinzu kommen noch jede Menge Demonstrationen. Allein in diesem Jahr wurden nach Auskunft des Ordnungsamtes bislang 262 Versammlungen angemeldet, 213 davon haben bereits stattgefunden.

Die Folge dieser Veranstaltungsfülle: Es wird eigentlich ständig irgendetwas auf- und abgebaut. Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, kritisiert denn auch, der Platz sei zu stark belastet. „Weniger wäre mehr.“

Dabei hatten sich Stadt und Land nach heftiger Kritik an der offenbar beliebigen Vergabe des Platzes im Jahr 2010 auf ein Nutzungskonzept geeinigt: Zwischen 1. Mai und 30. September ist die Anzahl von Veranstaltungen Dritter auf fünf begrenzt. Und für die Vergabe an Dritte wurden klare Kriterien formuliert: Die Veranstaltungen müssten „im überragenden Gesamtinteresse des Landes“ stehen, „Repräsentationscharakter ohne gewerblichen Hintergrund“ haben oder „von hohem künstlerischen Wert“ sein. Nicht zulässig sind demnach Veranstaltungen, „die auf die Kulisse des Neuen Schlosses nicht ausreichend Rücksicht nehmen“, die Schäden befürchten ließen oder die auch auf anderen Plätzen der Innenstadt stattfinden könnten. Das Nutzungskonzept gelte grundsätzlich nach wie vor, räumt Wenk ein. „Allerdings ist die ursprünglich festgelegte Anzahl von fünf Großveranstaltungen nicht mehr bindend.“ Und eine neue Obergrenze gebe es nicht: „Angesichts der Unterschiedlichkeit der Veranstaltungen sowohl nach der Wertigkeit als auch hinsichtlich der Inanspruchnahme des Platzes und bei dem oftmals vorhandenen Aktualitätsbezug wäre dies eher hinderlich.“

Freilich gibt es Hürden: Wer eine Veranstaltung auf dem Schlossplatz ausrichten möchte, muss seinen Antrag „konkret und entscheidungsreif“, wie es heißt, ein bis zwei Jahre vorher stellen. Und zum Nulltarif darf er die „gute Stube der Stadt“ auch nicht nutzen. Das Land nimmt jährlich zwischen 150 000 und 200 000 Euro aus der Überlassung der Fläche ein. Auch die Stadt erhebt Sondernutzungsgebühren, deren Höhe sich nach Art und Umfang der Veranstaltung richtet. Bei Gemeinnützigkeit können die Gebühren aber auch entfallen.

Historie des Schlossplatzes

Der Schriftsteller Friedrich Wilhelm Hackländer, der im Staatsdienst in Württemberg als Direktor der königlichen Bauten und Gärten tätig war, verwandelte in den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts den staubigen Exerzierplatz in einen Blumengarten. In dessen Mitte steht die Jubiläumssäule, die aus Anlass des 25. Regierungsjubiläums von König Wilhelm I. im Jahr 1841 errichtet wurde - wobei diese erst 1863 mit der fünf Meter hohen Göttin der Eintracht „Concordia“ gekrönt wurde. Aus dem gleichen Jahr stammen auch die beiden Springbrunnen, die in Wasseralfingen gegossen wurden. Die acht Puttenfiguren versinnbildlichen jeweils einen württembergischen Fluss. Der ebenfalls in den Königlichen Hüttenwerken gegossene Musikpavillon stand ab 1871 vor dem Neuen Schloss. Viele Jahrzehnte wurden hier jeden Sonntagmorgen Militärkonzerte veranstaltet. Erst mit der Platzneugestaltung zur Bundesgartenschau 1977 wurde der Standort gewechselt. Seither hat der Schlossplatz sein heutiges Aussehen. Er gibt den Blick frei auf symmetrisch und großzügig angelegte bunte Blumenarrangements. Die Sicht auf das barocke Neue Schloss, den spätklassizistischen Königsbau, die mittelalterliche Alte Kanzlei und das Alte Schloss im Renaissance-Stil rundet dieses historische Gesamtkunstwerk ab.