Stuttgart (seb) - Im Kampf gegen die Feinstaub- und Stickoxidbelastung wollen Stadt und Land ab dem kommenden Jahr auf Fahrverbote für ältere Diesel-Fahrzeuge setzen. Die Kraftfahrzeuginnung Region Stuttgart warnt vor der Einführung dieser Maßnahme.

Noch bis einschließlich heute Abend gilt in Stuttgart Feinstaubalarm. Einmal mehr bitten Stadt und Land Autofahrer, auf Bus und Bahn umzusteigen. Doch bald ist wohl Schluss mit dem Appell. Wie berichtet, soll Diesel-Fahrzeugen, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen, ab dem 1. Januar 2018 während eines Feinstaubalarms die Fahrt durch Stuttgart verwehrt werden. Torsten Treiber, Obermeister der Kraftfahrzeuginnung, glaubt nicht, dass Fahrverbote mit einem Federstrich für bessere Luft sorgen. „Aber sie können riesiges Chaos verursachen.“ Wer einen Diesel habe, werde abgestraft, „obwohl er nichts dafür kann“.

Nach den der Innung vorliegenden Zahlen hätten mindestens 455 000 Diesel in der Region keine Chance auf eine blaue Plakette, „wären von einem Tag auf den anderen fast nichts mehr wert“. Stattdessen müsse man „Geld in die Hand nehmen und den Umstieg auf schadstoffärmere Technologien fördern. Es wäre logisch, wenn mit Umstiegsprämien die rasche Erneuerung des regionalen Fahrzeugbestandes gefördert würde. Auswechseln ist auch deswegen notwendig, weil die Chance auf Nachrüstlösungen nicht sehr groß ist.“

Aus der rein betriebswirtschaftlichen Sicht müssten sich die Autohändler „eigentlich über jede Art von Verbotsaktionismus freuen. Denn alles sorgt dafür, dass neue Autos gebraucht werden“, so Treiber. Das gelte sowohl für Elektroautos und Hybridtechnologien als auch für konventionelle Diesel und Benziner. Soweit es die Autos angehe, „führt kein Weg an einer Erneuerung des Bestandes vorbei, um den Schadstoffausstoß zu senken“, fasst Treiber die Position der Innung zusammen: Wenn die Politik meine, das mit Verboten zu erreichen, „wird sie bei der nächsten Wahl schnell die Quittung dafür bekommen“. Ein schneller, aber doch gleitender Übergang setze voraus, dass die Politik den Menschen helfe, auf technologisch bessere Fahrzeuge umzusteigen. „Wenn ich ein Haus aus dem Jahr 1985 oder 1995 energetisch sanieren will, gibt es von der KfW beispielsweise als Förderung bis zu 30 Prozent Investitionszuschuss, der nicht zurückgezahlt werden muss. Wenn für ältere Autos das gleiche Recht wie für ältere Häuser gelten würde und dabei auch schadstoffarme Gebrauchtwagen eingebunden würden, wäre ein schadstoffarmer Fahrzeugbestand schnell zu erreichen.“

Den Nahverkehr deutlich zu stärken, sei eigentlich eine „prima Idee“, so der Obermeister. „Das würde aber verlangen, dass das Tarifdurcheinander in der Region aufhört, die Züge pünktlich sind und so zwischen 200 000 und 300 000 Menschen zusätzlich einen Sitzplatz in der S-Bahn finden.“ Aus seiner Sicht illusorisch. Noch immer seien viele Pendler mit dem Auto schneller und komfortabler unterwegs.