Der Mailänder Platz ist ein beliebter Treffpunkt von Jugendlichen. Foto: Archiv Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Angesagte Geschäfte im

Milaneo, kostenloser Internet-Zugang in der Stadtbibliothek und eine gute Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr - das Europaviertel hinter dem Hauptbahnhof ist gerade deswegen bei Jugendcliquen sehr beliebt. Weil es in der Vergangenheit zu Konflikten kam, einigten sich die Akteure auf den Einsatz von Streetworkern. Diese sollen nun als Projekt für zwei Jahre fest verankert werden.

Shoppen und chillen, die bundesweit einzigartige Kombination aus Kommerz und Kultur macht den Mailänder Platz für junge Menschen so attraktiv. Und das sorgt gleichzeitig für Konflikte. Die Polizei hatte in der Vergangenheit häufig Beschwerdeanrufe über „unangenehmes Verhalten“ einzelner Jugendlicher erhalten: Passanten wurden angegangen, es wurde laut Musik gehört, vereinzelt kam es zu Straftaten und zu Auseinandersetzungen unter den verschiedenen Gruppen. Die Probleme wurden selbst in die Stadtbibliothek hereingetragen, weshalb sich deren Leitung im Herbst 2015 an den Dachverband der Mobilen Jugendarbeit mit der Bitte um Unterstützung durch Streetworker wandte. Denn Hausverbote - 2015 mussten diese zehn Mal wegen rücksichtslosen Verhaltens ausgesprochen werden - taugten nicht als Lösung.

Die Streetworker waren von April bis Ende Juni vergangenen Jahres zwei Mal wöchentlich zwischen 16 und 21 Uhr im Europaviertel unterwegs, um für Frieden zu sorgen. Dabei wurden 205 Cliquen angetroffen und insgesamt 837 junge Menschen angesprochen, 119 von ihnen befragt. Der Großteil der Jugendlichen - überwiegend männlich, zwischen 14 und 17 Jahre alt und in der Gruppe unterwegs - stammt demnach aus Stuttgart (75 Prozent). 82 Prozent hatten einen Migrationshintergrund, 30 Prozent stammten aus Flüchtlingsunterkünften. Alles in allem berge diese Mischung ein „hohes Konfliktpotenzial“.

Der dreimonatige Versuch, der vom Sozialministerium unterstützt und von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg begleitet wurde, gilt als voller Erfolg. Der Mobilen Jugendarbeit sei es in Zusammenarbeit mit zahlreichen weiteren Akteuren gelungen, Kontakt zu den Heranwachsenden aufzubauen, „die Akzeptanz der Mitarbeitenden bei den Jugendlichen war sehr hoch“, heißt es im Abschlussbericht. Deeskalation habe mehrfach stattgefunden. Die Empfehlung der Sozialarbeiter lautet, für Jugendliche eine offene Anlaufstelle mit festen Ansprechpartnern einzurichten. Denn: „Es wird davon ausgegangen, dass das Quartier mit zunehmender Fertigstellung weiter an Attraktivität für die Altersgruppe gewinnen wird.“

Eine solche Anlaufstelle wird es zwar vorerst nicht geben. Doch von diesem Herbst an ist zumindest ein auf zwei Jahre befristetes Fortsetzungsprojekt mit drei Stellen geplant. Zur Finanzierung - alles in allem werden pro Jahr 184 000 Euro benötigt - soll eine Stiftung als Partner gewonnen sowie Gelder aus dem städtischen Projektmittelfonds Zukunft der Jugend bereitgestellt werden.

Auch die Stadtbibliothek, deren Mitarbeiter im Umgang mit schwierigen Jugendlichen geschult wurden, will ihr Angebot der kulturellen Jugendbildung stärken - es bestehe bei den Jugendlichen sowohl Interesse als auch Unterstützungsbedarf, heißt es. Das geht freilich nicht mit dem bisherigen Mitarbeiterstamm. Bei den Beratungen zum Stellenplan 2018 soll daher eine Aufstockung des Personals beantragt werden.