Hochhausbauten wie das Skyline auf dem Pragsattel könnten zu einer Entspannung auf dem Immobilienmarkt führen. Foto: Hauptmann Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Der Mangel an Wohnraum treibt die Immobilienpreise in Stuttgart weiter in die Höhe. Im vergangenen Jahr wurden dem Grundstücksmarktbericht zufolge neue Rekordwerte erzielt. Der Trend setzt sich weiter fort, berichtet Karlheinz Jäger, der Vorsitzende des Gutachterausschusses. Um die Entwicklung zu stoppen, spricht er sich für den Bau weiterer Hochhäuser aus.

Der Gutachterausschuss für die Ermittlung von Grundstückswerten in Stuttgart hat jetzt ein umfangreiches Zahlenwerk vorgelegt: die Kaufpreissammlung des vergangenen Jahres. Dem beim Stadtmessungsamt angesiedelten Ausschuss sind insgesamt 6398 Kaufverträge (+10,9 Prozent) von Notaren und Gerichten zugesandt worden. Demnach hat der Geldumsatz des Stuttgarter Immobilienmarktes 2015 mit einem Plus von 984 Millionen Euro (+ 36,1 Prozent) die neue Rekordmarke von 3,71 Milliarden Euro erreicht. Davon entfielen 1,43 Milliarden Euro auf Büro- und Geschäftshäuser. Hier wurden allein vier Verkäufe im dreistelligen Millionenbereich registriert, darunter zum Beispiel der frühere Hindenburgbau (wir berichteten).

Anhaltend stark war die Nachfrage nach Wohnimmobilien (4323 Verträge, + 7,5 Prozent). Sie führte dazu, dass die Preise für Eigentumswohnungen aus dem Bestand um durchschnittlich rund 15 Prozent anzogen. „In dieser Größenordnung hatten wir solche Steigerungen noch nie“, räumt Jäger ein. Für Neubaueigentumswohnungen wurde im Schnitt rund vier Prozent mehr verlangt als noch im Vorjahr, der Durchschnittspreis lag bei 5075 Euro pro Quadratmeter. In der Spitze wurden gar 15 425 Euro pro Quadratmeter erzielt - für ein Penthouse in der Innenstadt. Laut Jäger ist das ein historischer Wert. Häuser verteuerten sich um acht bis elf Prozent. Ein typisches Einfamilienhaus kostete laut Gutachten rund eine Million Euro; für Zwei- und Dreifamilienhäuser wurden um die 550 000 Euro gezahlt, für Mehrfamilienhäuser um die 965 000 Euro.

Bodenrichtwerte angepasst

Angepasst an die Entwicklung hat der Gutachterausschuss auch die Bodenrichtwerte, insgesamt gibt es davon 720. Sie wurden für den ein- bis zweigeschossigen Wohnungsbau um 10 bis 15 Prozent nach oben korrigiert. Der Spitzenwert in der Stuttgarter Halbhöhenlage beträgt 1890 Euro pro Quadratmeter. Die Bodenrichtwerte im gewerblichen Bereich wurden mit durchschnittlich zehn Prozent in der City und mit fünf Prozent im übrigen Stadtgebiet festgeschrieben. Der Spitzenwert in der Königstraße beträgt nun 22 000 Euro pro Quadratmeter.

Der Trend für die Preisentwicklung setze sich auch im ersten Quartal dieses Jahres ungebremst fort, stellt Jäger fest. In vielen Bereichen sei bereits ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Einen der Gründe dafür sieht er im Grundsatz der Stuttgarter Baupolitik „Innen- vor Außenentwicklung“ und dem damit verbundenen Verzicht auf neue Baugebiete.

Appell an Politik

Es gebe bei der Versorgung mit preisgünstigem Wohnraum „deutliche Defizite“. Wenn man daran etwas ändern wolle, müsste man deutlich höher bauen, bringt der einstige Leiter des Stadtmessungsamtes den Bau von Hochhäusern ins Spiel. Ausgewiesene Flächen dafür gibt es im Moment - neben dem letzten freien Grundstück im Europaviertel hinter dem Hauptbahnhof - nur noch auf dem Pragsattel. Dort entsteht mit dem Bülow-Projekt Skyline derzeit das erste von vier möglichen Hochhäusern. Im Herbst 2017 sollen die rund 140 Appartements im 75 Meter-Turm an der Stresemannstraße bezugsfertig sein.

„Wir brauchen attraktive, verdichtete Wohnformen“, meint Jäger. Deshalb sollte man das eine oder andere Gebiet überdenken, lautet sein Appell an die Politik. Für neue Hochhäuser, die trotz aller Vorschriften preiswert errichtet werden könnten, böten sich aus seiner Sicht sowohl der ehemalige IBM-Campus in Vaihingen als auch das künftige Rosensteinquartier auf den frei werdenden S-21-Flächen am Rosensteinpark an.