Quelle: Unbekannt

Von Elke Hauptmann

Stuttgart - Großer Bahnhof für den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof: Politiker und Bahnvertreter feiern morgen die Grundsteinlegung für die unterirdische Durchgangsstation, dem Herzstück des umstrittenen Milliardenprojekts Stuttgart 21. Grünen-Politiker aus Stadt und Land entziehen sich allerdings dem symbolischen Akt.

Im Februar 2010 ist Prellbock 049 symbolisch für den Baustart von Stuttgart 21 aus dem Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs gehoben worden. Inzwischen ist viel passiert - an vielen Stellen im Stadtgebiet graben sich die Mineure bereits durch das Erdreich. Für die Neuordnung des Bahnknotens sind derzeit nahezu ein Drittel von insgesamt 59 Kilometer Tunnelröhren vorangetrieben.

Noch glaubt die Bahn, zwei Jahre Verzug aufholen und ihr selbst gestecktes Ziel der Fertigstellung erreichen zu können. Die ersten Züge sollen demnach Ende 2021 durch den neuen Tiefbahnhof rollen. Zuletzt waren aber auch bei der Bauherrin Zweifel aufgekommen, ob der Termin zu halten ist. Zudem wächst das Risiko, dass der Finanzrahmen von bis zu 6,526 Milliarden Euro für die unterirdische Station in Stuttgart samt Anbindung an die ICE-Neubaustrecke nach Ulm nicht reicht - 70 Prozent des für Bauaufträge vorgesehenen Volumens sind vergeben.

Mit Spannung wird ein Gutachten zu Finanzierung und Kostenentwicklung des geplanten Tiefbahnhofs der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG erwartet, das der Aufsichtsrat der Bahn in Auftrag gegeben hat. Der Bundesrechnungshof hat seine beiden Prüfberichte nach drei Jahren Arbeit am vergangenen Montag dem Bundestag übersandt - einer der Texte bleibt aber wegen Bahn-Geschäftsgeheimnissen in der „Geheimschutzstelle“ dauerhaft unter Verschluss. Abgeordnete können ihn nur unter Auflagen einsehen. Über den Inhalt der Berichte ist noch nichts bekannt.

Den Problemen und Streitigkeiten zum Trotz wird nun öffentlichkeitswirksam ein wichtiger Meilenstein für das Projekt gefeiert: Die Grundsteinlegung ist der symbolische Startschuss für den Bau des futuristischen neuen Bahnhofsgebäudes mit seinen 28 Kelchstützen, den 27 Lichtaugen und den vier Glasgitterschalen an den Zugängen. Erste Teile der riesigen Bodenplatte werden derzeit betoniert. Allein die Bahnsteighalle wird 447 Meter lang und 80 Meter breit werden. Die Fläche ist Basis für die künftigen acht Gleise und die vier Mittelbahnsteige. Der Beton dafür - insgesamt 5000 Kubikmeter - wird in einer Stärke von 1,20 bis 2,50 Meter aufgetragen. Der Durchgangsbahnhof wird über vier Gleise angebunden, im Norden führen jeweils zwei Gleise Richtung Feuerbach und Bad Cannstatt, im Süden zweigen zwei Gleise Richtung Bahnhof Flughafen/Messe und zwei Gleise Richtung Wangen/Untertürkheim ab.

Zum Jahreswechsel werden sowohl am Nord- als auch am Südkopf des Tiefbahnhofs die Tunneldurchschläge erwartet. „Wenn dieser hochmoderne Bahnhof fertig ist, werden täglich Zehntausende Reisende davon profitieren und Besucher aus aller Welt dieses einzigartige Bauwerk bestaunen“, ist Manfred Leger, Vorsitzender der Geschäftsführung der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH, überzeugt.

Kretschmann und Kuhn fehlen

Der Tiefbahnhof gilt als das Herzstück des Projektes - kein Wunder also, dass neben Bahnchef Rüdiger Grube der Düsseldorfer Architekt Christoph Ingenhoven zu den Rednern gehören wird. Nicht dabei sein wird der scheidende Infrastrukturvorstand der Bahn, Volker Kefer, der sich im Bahnkonzern jahrelang für das Projekt verantwortlich zeichnete. Auch die Spitzen der Grünen bleiben der Grundsteinlegung fern. Sowohl Oberbürgermeister Fritz Kuhn als auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann folgen der Einladung der Bauherrin nicht, obwohl Stadt und Land die wichtigsten Partner der Bahn bei dem Vorhaben sind - angeblich aus terminlichen Gründen. Landesverkehrsminister Winfried Hermann hat ebenfalls abgesagt. Ist das ein stummer Protest, wie mancher vermutet? Die Grünen sehen das Projekt kritisch, arrangierten sich aber nach der Volksabstimmung zugunsten eines Weiterbaus im November 2011 zähneknirschend damit.

Die Initiative Parkschützer und das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 planen morgen vor dem Südausgang des Hauptbahnhofs eine Protest-Aktion. Sie definieren die Grundsteinlegung als „Grabsteinlegung“. „Dass selbst am Tag der Inszenierung keine Baufreigabe für die Bodenplatte vorliegt, ist bezeichnend für das ganze Projekt“, sagen die Sprecher des Aktionsbündnisses, Norbert Bongartz und Eisenhart von Loeper. Das Abtauchen der Projektpartner sei ein „Zeichen organisierter Verantwortungslosigkeit“. Die Gegner werben für ihr Umstiegskonzept. Es sieht vor, den bestehenden Kopfbahnhof mit seinen 16 Gleisen zu erhalten und zu modernisieren.